Dokumentation
Wildes Venedig
Venedig ist ein Mythos, die prächtigste Kulisse der Welt. Doch die Stadt führt ein Doppelleben - hier die quirlige Lagunenstadt, da die faszinierende Welt der vielen zum Teil unbewohnten Inseln.
- Produktionsland und -jahr:
- Datum:
- Verfügbar
- weltweit
- Verfügbar bis:
- bis 03.02.2025
Die vielen unbewohnten Inseln Venedigs vermitteln noch heute den Eindruck jener Zeit, als die ersten Siedler ihre Pfähle in den schlammigen Boden rammten. Mensch und Natur schufen einen gemeinsamen Lebensraum, den sie sich seit Jahrtausenden teilen: die Lagune.
Hinter der malerischen Fassade aus Palästen, Kirchen und Kanälen existiert ein bis heute kaum erforschter Kosmos, bevölkert von einer außergewöhnlichen Menagerie von Lebewesen - allgegenwärtig, aber kaum sichtbar. Venedigs Tiere leben mitten in der Stadt, tauchen unter ihr hinweg oder blicken von hoch aus der Luft auf sie herab. Wer zum Beispiel hätte am Rand der Lagune bunte Riffe, von einer Vielzahl wundersamer Meerestiere bevölkert, vermutet? Wer hätte gedacht, dass die Sandbänke und Inseln Lebensraum für eine Vielzahl von Wildtieren sind - von Füchsen und Mardern bis hin zu Abertausenden Zugvögeln, und wer kennt schließlich schon die bunte Tierwelt der versteckten Gärten von Venedig-Stadt?
Giftige Wasserspitzmäuse und Flamingos - alles in Venedig
In der Dokumentation "Wildes Venedig" erforscht Regisseur Klaus T. Steindl das weitgehend unbekannte Venedig der Tiere. Er begleitet die Falken und Zugvögel der Stadt, entdeckt das wilde Tierleben auf den stillen Laguneninseln abseits des Touristentrubels und findet sogar die seltene Wasserspitzmaus: Sie ist eines der ganz wenigen giftigen Säugetiere der Erde und wird von der "Universum"-Kamera bei einem ihrer Unterwasser-Beutezüge in der Lagune beobachtet. Tatsächlich ist die giftige Eurasische Wasserspitzmaus aber nur eine der vielen Überraschungen, mit denen Venedigs Tierwelt aufwarten kann.
Eine kaum zu benennende Zahl von Zugvögeln sucht zweimal im Jahr die Lagune auf, um sich dort am Weg nach Norden oder Süden, je nach Jahreszeit, mit dem nahrhaften Eiweiß der vielen Krustentiere zu stärken. Allen voran die Flamingos: Die Kolonie von Venedig ist die nördlichste im Mittelmeerraum. Sieht man im Frühling die Flamingos vor dem Panorama der weiß verschneiten Alpenkette, wird klar, warum die Tiere nicht über Venedig hinaus weiter nach Norden fliegen. Während auch viele Störche hier bleiben, machen sich andere Zugvögel wie die Alpenstrandläufer bereit, um ihre Reise über die Alpen anzutreten.
Verrückter Ort zum Leben - für Tier und Mensch
"Natürlich ist Venedig einer der schönsten Orte der Welt. Aber er ist auch einer der verrücktesten, wenn man dort leben möchte. Das gilt für Menschen genau so wie für Tiere", so Regisseur Klaus T. Steindl. "In einer Stadt, die ins Wasser gebaut wurde, gelten eigene Gesetze. Hier gibt das Wasser den Rhythmus des Lebens vor: die Gezeiten, die ständige Feuchtigkeit, die Kälte im Winter und die Hitze im Sommer. Dabei ist es faszinierend zu beobachten, wie die Natur es gelernt hat, damit umzugehen - und welch faszinierende, sich gänzlich selbst überlassene Orte es ganz nahe an den großen Touristenströmen gibt."
Die beeindruckenden stabilisierten Helikopter- und Multikopter-Flugaufnahmen enthüllen die wahren Geheimnisse der Lagune: surreale Muster unsichtbarer Flussarme und Kanäle, die Herz und Lunge der Lagune sind. Sie kreieren auf rund 550 Quadratkilometern eine magische Landschaft aus Inseln und Sandbänken, nährstoffreich und fischreich - das Wattenmeer der Adria.
Venedig, wie es auch die Touristen kennen
Aus der Vogelperspektive erkennt man auch, dass der Canal Grande in Wahrheit eine Flussmündung ist - nämlich die alte, natürliche Brentamündung. Da der Brenta Jahr für Jahr riesige Mengen an Schwemm-Material aus den Alpen in die Lagune transportierte, wurde er im 16. Jahrhundert weitläufig umgeleitet, um schließlich südlich von Chioggia ins Mittelmeer zu münden.
Das alte Flussbett wurde indes als Brenta-Kanal zu einer bedeutenden Wasserstraße zwischen Venedig und Padua - an seinen Ufern prächtige Villen Adeliger, früher häufig von Künstlern, heute noch häufiger von Touristen heimgesucht.
Felsriffe organischen Ursprungs, gebildet von Algen
An der anderen Seite der Lagune, am Übergang zum offenen Meer, überrascht ein bunter Mikrokosmos nur wenige Meter unter der Wasseroberfläche: die Welt der Tegnùe. Im flachen Becken der oberen Adria wunderten sich die Fischer über Jahrhunderte, dass ihre Netze in gewissen Bereichen beschädigt wurden oder rissen. Sagen über böse Wassergeister entstanden und schließlich auch das Wort "Tegnùe" für diese Meeresabschnitte, das so viel wie "festhalten!" bedeutet.
Einer dieser Plätze liegt auch gleich am Ausgang des Porto di Lido, also mehr oder weniger am Eingang in die Lagune. Und heute weiß man auch, dass hinter den Tegnùe eine geologische Besonderheit steckt: Felsriffe organischen Ursprungs, vergleichbar den Korallenriffen der Südsee. Doch die Tegnùe Venedigs wurden nicht von Korallen gebildet, sondern von kalkhältigen und Kalk absondernden Algen: Diese Felsschluchten des Mittelmeers sind heute Habitate mit großer Artenvielfalt, kaum erreicht von irgendeinem anderen Lebensraum im Mittelmeer. Nicht nur bunte Seeanemonen und Seeschwämme von bizarrer Form leben hier, sondern eine unüberschaubare Vielzahl bunter Fische oder Kalmaren. Es ist auch für erfahrene Taucher ein ganz besonderer Moment, das verführerische Liebesspiel der Tintenfische mit den wechselnden Farben beobachten zu können.
Die wenigsten Touristen wissen um den Fischreichtum der Lagune, in deren entlegeneren Abschnitten viele gut abgeschirmte Becken und Kanäle der Aufzucht von Jungfischen dienen - sehr beliebte Plätze für Eisvögel, Silberreiher oder Kormorane, die großen Jäger der Fische. Watvögel wie Säbelschnäbler und Stelzenläufer konzentrieren sich bei ihrer Nahrungssuche dagegen eher auf die flachen Bereiche der Lagune, in denen der deutlich spürbare Gezeitenwechsel optimale Lebensräume für ein reiches Universum an Kleinstlebewesen schafft. Doch nicht nur für Vögel gibt es ein üppiges Nahrungsangebot in der Lagune: Die vielen Krebse und Muscheln locken auch Raubtiere an - Füchse, zum Beispiel, denen das eiweißreiche Nahrungsangebot des Meeres eine schier unwiderstehliche Verlockung ist.
Leben mit den Gezeiten
Klaus T. Steindl über die besonderen Herausforderungen an Kameraleute und Team bei den Dreharbeiten: "Wir wollten Venedig zeigen, wie es noch niemand gesehen hat. Das bedeutet jedoch auch, mit dem Atem der Lagune, nämlich den Gezeiten, zu arbeiten. Zweimal täglich hebt und senkt sich das Wasser in der oft sehr seichten Lagune. Viele der menschenleeren Inseln, die bei Ebbe noch da waren, sind dann plötzlich verschwunden. In der Lagune gibt es nur ein Fortbewegungsmittel: das Boot. Doch selbst nur wenige Venezianer kennen die Fahrrinnen, in denen die Boote verkehren können. Oft genug ist es vorgekommen, dass wir mit all unserem 4K-Equipment im Morast steckengeblieben sind oder von der Ebbe überrascht wurden - und dann für mehrere Stunden von der Insel nicht mehr wegkamen. Und oft haben wir genau in diesen Momenten, in denen wir ganz alleine mit den Lebewesen der Marschinseln waren, die schönsten Bilder gedreht."
Die Dokumentation "Wildes Venedig" erforscht das unbekannte Venedig der Tiere. Sie zeigt anhand der reichen Fischpopulation den Zusammenhang von offenem Meer und Lagunengewässer, sie trifft auf die reiche Vogelpopulation der unbewohnten Laguneninseln, findet Venedigs junge Falken in ihrem gut versteckten Unterschlupf und blickt über die Mauern der geheimen Gärten der Stadt, voll bunter Kleinlebewesen, deren Bestände sich seit dem Rückgang der hohen Zahl an Katzen nun wieder erholen. Es ist auch eine Reise an die versteckten Plätze der Lagune, die dem normalen Touristen üblicherweise verschlossen bleiben.
Dokumentation von Klaus T. Steindl