Dokumentation
In der Mitte ein Feuer
"Mein Volk geht ja zu Ende, doch wir wollen wenigstens die Gehspuren eines Volkes hinterlassen", sagt Galsan Tschinag am Beginn des Filmes "In der Mitte ein Feuer".
- Produktionsland und -jahr:
- Datum:
- Sendetermin
- 06.12.2024
- 13:25 - 14:05 Uhr
Der Film dokumentiert das Leben der tuwinischen Nomaden in der Westmongolei und die Entstehung des gleichnamigen Buches des Fotografen Gernot Gleiss und des tuwinischen Schriftstellers Galsan Tschinag dokumentiert.
Galsan Tschinag, der große Schamane und Anführer der Tuwiner (oder Tuwa), hat seinem Volk, das bis vor wenigen Jahrzehnten keine Schrift hatte und dessen Geschichte nie aufgezeichnet wurde, eine Stimme gegeben. In seinen über dreißig Büchern erzählt er vom Überlebenskampf und den Traditionen seines Volkes.
Etwa 5000 Tuwiner leben heute noch im äußersten Westen der Mongolei, nahe der Grenze zu China und Russland. Doch seit vor etwa 100 Jahren Kasachen aus dem Westen in das Siedlungsgebiet der Tuwiner eingewandert sind, schwindet ihr Lebensraum zusehends.
Führer und Chronist seines Volkes
Galsan Tschinag, der seine Werke hauptsächlich in deutscher Sprache verfasst und als deutschsprachiger Autor schon mit zahlreichen Preisen geehrt worden ist, ist ein längst anerkannter Führer seines kleinen Volkes.
Die große Karawane, die er im Sommer 1995 mit - wie der Häuptling einmal vor einem Publikum augenzwinkernd erzählt hat - 140 Kamelen, 300 Pferden, 30 Hunden, 16 Hühnern, einer Katze, einer Limousine, fünf Lastwagen und 150 Menschen durchgeführt hat, stellte den Gipfel seiner jahrelangen Aktivitäten im Dienste Erniedrigter und Benachteiligter dar. Die Karawane, innerhalb eines Sommers über 2000 km gezogen, brachte die in der Fremde Darbenden in ihre angestammte Heimat im Hohen Altai zurück, und damit kam ein auseinandergesprengtes Volk nach vielen Jahren der Trennung endlich wieder zusammen.
Einblick in Alltag eines schwindenden Volkes
Für das Buch "In der Mitte ein Feuer" hat Galsan Tschinag erstmals die Geschichte der Tuwiner, dieses kleinen Turkvolkes zusammengefasst. Gemeinsam mit dem Fotografen Gernot Gleiss, der drei Wochen bei Galsan Tschinag und den Tuwinern im Hohen Altai verbracht hat, gibt er Einblicke in den Alltag, die Sitten und Gebräuche der Nomaden, deren althergebrachte Lebensweise zu schwinden droht. Denn die Tuwiner können, sagt Galsan Tschinag, dem Druck der modernen Zeit nicht mehr standhalten.
Motive aus dem gleichnamigen Buch
Gernot Gleiss wird auf seiner Reise in den Hohen Altai begleitet, der Film zeigt, wie der Fotograf behutsam das Leben der Tuwiner mit seiner Kamera festhält:
Kinder, die große Ziegenherden zusammentreiben, die Arbeiten in der Jurte - wie zum Beispiel die Herstellung vergorener Stutenmilch - die Schlachtung und Zubereitung eines Hammels nach alter Tradition, die Einweihung eines neuen Owoo oder, als Höhepunkt, das Naadam Fest mit den drei Disziplinen Ringkampf, Bogenschießen und Pferderennen.
Der Film lässt den Betrachter für kurze Zeit in die Lebenswelt der Nomaden eintauchen. Eine Lebenswelt, die sich schon bald nachhaltig verändern wird. "In der Mitte ein Feuer" ist somit auch eine einzigartige Momentaufnahme eines Volkes, das an einem Wendepunkt in seiner Geschichte angelangt ist.
Oder, wie Galsan Tschinag schreibt: "Das krummbeinige, milchsäurige und wundergläubige Nomadentum in der kahl-kargen asiatischen Steppe ist deine unwiederfindbare im Zeitenstaub versunkene Kindheit, greises Europa! Deine Altersbeschwerden stehen dem Nomadentum noch bevor."
Ein Film von Gernot Stadler und Gernot Gleiss.