Film
Ab 18! - Mein fremdes Ich
Lale arbeitet seit acht Jahren als Model. Doch die Arbeit an der Oberfläche erschöpft sie. Sie hat die Idee, sich virtuell klonen zu lassen. Ihr Avatar soll für sie arbeiten.
- Produktionsland und -jahr:
- Deutschland 2022
- Datum:
- Verfügbar in
- D / CH / A
- Verfügbar bis:
- bis 18.09.2029
Die Idee ist verlockend. Mit Freunden und Experten bespricht sie Chancen und Risiken, während sie weiter zu Shootings reist. Dann entschließt sie sich, einen digitalen Scan machen zu lassen: Ihr Klon entsteht vor ihr auf dem Bildschirm.
Die echte Lale könnte, statt auf Reisen zu gehen, etwas anders machen, könnte endlich eine Pause von der Selbstoptimierung einlegen: Immer öfter stellt sie sich die Frage, wer oder was sie wäre, wenn sie einfach aufhören würde, so hart an sich selbst zu arbeiten.
Der Motiondesigner Vinzent, der ihren Körper und ihre Mimik in 3D dupliziert, muss noch viele Details nacharbeiten. Aber das Ergebnis ist eine digitale Lale, die lacht, aussieht, geht und spricht wie die echte Lale. Der einzige Unterschied ist, dass diese Lale nicht älter wird, immer arbeitet und niemals Hunger hat.
Während nach und nach in klar komponierten Bildern die Science-Fiction-artige Schöpfung der zweiten Lale entsteht - von der fotogrammetrischen Vermessung bis zum Wiederaufbau der Hautporen und der Haarstruktur -, zeigt das ungeschönte Videotagebuch Lales ihr Leben zwischen Höhen und Tiefen. Am Ende kommt es zu einer Begegnung. Die Grenzen zwischen der physischen und der virtuellen Welt verschwimmen. Dem Auge ist nicht mehr zu trauen: Wer ist die echte Lale, wer der Avatar? Und: Bringt all das wirklich die lang ersehnte Freiheit für die echte Lale?
Director's Statement von Katherina Pethke
- "Als Lale von der Idee erzählte, sich virtuell klonen zu lassen, schwankte ich zwischen Unglaube und Faszination: Auf der einen Seite dachte ich, das Ganze sei moralisch höchst fragwürdig, und auf der anderen Seite wollte ich sofort wissen, wie das denn gehen kann, wie es aussieht und ob das überhaupt funktioniert: ein digitaler Clone, der sich bewegt und agiert wie sein menschliches Vorbild. Um Lale kennenzulernen und einen Einblick in ihre Wirklichkeit zu bekommen, gaben wir ihr eine Kamera mit - mit dem Auftrag, ein Videotagebuch zu erstellen. Das Ergebnis überraschte uns: Es war ehrlich und reflektiert, offen und spannend und ganz das Gegenteil von der auf Hochglanz polierten Welt, in der Lale sich professionell bewegt. Auf Produktionsseite war es dann etwas komplizierter: Was vorher Gedankenspiel war, sollte plötzlich in der Realität umgesetzt werden. Was mich dabei vor allem interessierte, war die grundlegende Frage, was denn (schon ohne Avatar) an Lale und dem, was sie seit acht Jahren als tägliche Arbeit verrichtet, 'echt' ist und was nicht. Handelt es sich bei den Bildern wirklich um sie? Die nächste Frage war: Wenn es tatsächlich bald soweit sein sollte, dass jeder (so die Vision von Zuckerberg für das neue Meta) einen eigenen Avatar von sich erstellt - was haben dann die 'Quelle', also die eigentliche Person und die abgebildete, nun bald eigenständig agierende Avatar-Person, miteinander gemein - und muss nicht zwangsläufig eine Unterscheidung gemacht werden? Zu diesem Zeitpunkt gibt es mehr offene Fragen als Antworten: Die philosophische Körper-Geist-Frage steht den ganz konkreten ethischen und noch zu lösenden rechtlichen Problemen gegenüber. Fragen, mit denen wir uns dringend beschäftigen sollten, bevor der Unterschied zwischen real und virtuell tatsächlich nicht mehr wahrnehmbar ist!"
3sat zeigt "Mein fremdes Ich" von Katherina Pethke im Rahmen der Reihe "Ab 18!", in der Regisseurinnen und Regisseure mit außergewöhnlichen filmischen Handschriften Geschichten vom Erwachsenwerden erzählen.