Film
Ab 18! - Großstadt Odysseus
Studium erfolgreich abgeschlossen - und nun? Bestens ausgebildet hat Raffly bereits ein lukratives Jobangebot einer großen deutschen Firma, aber weder Wohnung noch Arbeitserlaubnis.
- Produktionsland und -jahr:
- Deutschland 2023
- Datum:
- Verfügbar in
- D / CH / A
- Verfügbar bis:
- bis 10.03.2025
Raffly stammt aus Jakarta und hat in Berlin studiert. Mit Abschluss des Studiums muss er das Studentenwohnheim verlassen, seinen Aufenthaltsstatus und seine Arbeitserlaubnis neu klären. Eine Odyssee durch den Behördendschungel und Wohnungsmarkt beginnt.
Das ist auf dem gnadenlosen Berliner Wohnungsmarkt für viele junge Menschen eine schwere Aufgabe. Doch Raffly ist charmant und kann sich den Erwartungen seines Gegenübers anpassen, denn er ist es gewohnt, sich selbstbewusst zwischen Uni und Bewerbungsgesprächen, muslimischer Gemeinde und dem Berliner Freundeskreis zu bewegen.
Der junge Filmemacher Kilian Helmbrecht (Jahrgang 1993) und sein Kameramann und Produzent Alex Hasskerl begleiten Raffly zu Behördengängen, auf der Wohnungssuche und in den verschiedenen Sphären seines Alltags und zeigen dabei, wieviel Motivation und Durchhaltevermögen es für junge Fachkräfte aus dem Ausland braucht, um erfolgreich im deutschen Arbeitsmarkt anzukommen.
Kilian Helmbrecht ist als Quereinsteiger zum Dokumentarfilm gekommen und arbeitet seit 2015 als Regisseur und Kameramann. 2016 erhielt er bei den Emmy Awards eine Nominierung "Beste Kamera" für "New Zealand: Earth's Mythical Islands". Für die 3sat-Reihe "Ab 18!" hat er 2017 den Film "Einmannland" realisiert, der für den Grimme-Preis nominiert wurde.
3sat zeigt "Großstadt Odysseus" von Kilian Helmbrecht im Rahmen der Reihe "Ab 18!", in der Regisseur*innen mit außergewöhnlichen filmischen Handschriften Geschichten vom Erwachsenwerden erzählen.
Director’s Statement von Kilian Helmbrecht und Alex Hasskerl
Der Film begann mit der Idee, anhand der WG-Suche eines jungen Erwachsenen subtile zwischenmenschliche Dynamiken in einer Einwanderungsgesellschaft zu beobachten: In den WG-Castings – Vorstellungsgespräche bei den potentiellen Mitbewohner*innen – treffen Erwartungshaltungen und Fremdbilder unter dem starken Druck des urbanen Wohnungsmarkts aufeinander. Uns war wichtig, dafür eine*n Protagonist*in jenseits unseres sozialen Radius zu finden.
Als wir Raffly kennengelernt haben, waren wir sofort von seiner aufgeschlossenen und zugewandten Art begeistert. Ihm zu folgen hieß auch, sich auf eine Geschichte einzulassen, die wir selbst nicht kannten. Aus der WG-Suche wurde eine Wohnungssuche, was den Wegfall des erzählerischen Schlüsselmoments der Castinggespräche bedeutete. Dafür traten mit dem Visum ganz neue Probleme auf, die von einer Gesellschaft erzählen, die junge, gut ausgebildete Ingenieure wie Raffly gleichzeitig ruft und abweist. Uns hat dabei beeindruckt, mit welcher Ausdauer und Zuversicht sich Raffly durch diese Herausforderungen bewegt.
Im Zentrum der Erzählform steht dabei, dass Raffly mit seiner Differenz sichtbar sein kann, ohne dass sie zur Schau gestellt wird. Es gibt fest eingespielte und äußerst fragwürdige Routinen, wie „Andersartigkeit“ von der Mehrheitsgesellschaft betrachtet wird, die schon durch Details unbewusst in Gang gebracht werden können. Uns war klar, dass wir diese Dynamik trotz geteilter Erfahrungen in einer rein beobachtenden Erzählhaltung nicht würden brechen können. Wir wollten daher im Film selbst spürbar machen, wie die Bilder zustande kommen. Sensible Szenen haben wir nur im Konsens mit Raffly gedreht und ihre Wirkung besprochen. Dadurch greift „Großstadt Odysseus“ nicht nur die vielfältigen Lebenswirklichkeiten der Einwanderungsgesellschaft auf, sondern auch die Frage, wie wir diese Pluralität im Dokumentarfilm erzählen wollen.
Stab
- Regie - Kilian Helmbrecht
- Autor - Kilian Helmbrecht
- Kamera - Alex Hasskerl, Kilian Helmbrecht
- Musik - Christian Pössnicker