Drei Personen in einem Interview-Setting, überlagert von digitalen Börsendaten und einer Skyline aus Glasfassaden.

Film

Systemfehler: Der Cum-Ex Skandal

Mit Cum-Ex verbindet man den wohl größten Steuerraub der Geschichte. Er blieb viele Jahre unentdeckt, bis einige mutige Menschen die Wahrheit ans Licht brachten.

Produktionsland und -jahr:
Deutschland , Österreich 2025
Datum:
Sendetermin
16.04.2025
20:15 - 21:45 Uhr
Verfügbar in
D / CH / A

Der Dokumentarfilm rekonstruiert mit Beschuldigten, Ermittlerinnen und Investigativjournalisten detailliert, wie Banken, Investoren und Anwälte vorgingen, um europäische Staaten um Milliarden zu betrügen und wie es zu Urteilen gegen "White Collar"-Kriminelle kam.

Inspiriert von den Recherchen des Investigativjournalisten Oliver Schröm ("Die Cum-Ex-Files") rollt die Dokumentarfilmerin Judith Lentze den Fall multiperspektivisch auf. Sie zeigt, wie seit den 1990er-Jahren der Steuerbetrug durch ausgeklügelte Wertpapiertransaktionen organisiert wurde und jahrelang ungeahndet bleiben konnte.

Rechtsanwalt Kai-Uwe Steck sitzt vor einem dunklen Schrank, daneben kommt Dr. Hanno Berger mit Papieren in der Hand in ein Büro.
Der Rechtsanwalt und Kronzeuge Kai-Uwe Steck (l.) und sein ehemaliger Mentor Dr. Hanno Berger (r.)

Zahlreiche Banken – ob privat oder öffentlich – und deren Anwälte errichteten ein Dickicht von juristischen Argumentationen, um sich zur Rechtfertigung ihres Betrugs auf eine angebliche Gesetzeslücke zu berufen, die es nie gab. Mittels Insiderwissens von Finanzbeamten wie Michael Sell oder dem Kronzeugen Kai-Uwe Steck, der im Oktober 2024 selbst angeklagt wurde, erklärt die Filmemacherin, wie diese Argumentation jahrelang funktionierte.

Der Film veranschaulicht den hohen Abstraktionsgrad des digitalisierten Börsenhandels, der nicht mit der Arbeitsweise der Steuer- und der Ermittlungsbehörden kompatibel ist. Ebenso wie die Steuergesetzgebungen nicht mit den Realitäten der globalen Finanzmärkte Schritt halten können, wie Wertpapierexperte Alexander Heist erklärt. Und weil europäische Steuerbehörden kaum zusammenarbeiten, konnten die Betrüger unbemerkt von Land zu Land wechseln. Dänemark liefert dafür ein besonders eindrückliches Beispiel.

Anders in den USA: Bereits 2008 prangerte Senator Carl Levin die Machenschaften in aller Öffentlichkeit an und machte das Land für Investoren unattraktiv. Das Geschäft verlagerte sich nach Europa, internationale Investoren nutzten nun das vermeintliche deutsche Steuerschlupfloch.

Auf europäischer Ebene wurden noch immer nicht alle nötigen Maßnahmen getroffen, um diese Entwicklung zu stoppen, wie die Journalisten Oliver Schröm und Stefan Melichar sowie der Finanzwirtschaftsexperte Christoph Spengel kritisieren. Obwohl der Schaden durch rein steuergetriebene Wertpapiergeschäfte inoffiziell europaweit auf 55 Milliarden Euro geschätzt wird. Und obwohl der Skandal auch politische Kreise zieht, wie der Hamburger Untersuchungsausschuss zu den Cum-Ex-Geschäften der Warburg Bank verdeutlicht.

Mehrere Männer, darunter im Vordergrund einer auf dessen Jacke "Polizei" steht, umringen einen Mann, der abgeführt wird. Sein Gesicht ist aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes unkenntlich gemacht.
Bankdurchsuchungen und Festnahmen in der City of London

Mutige Menschen in den deutschen Steuerbehörden, bei der Staatsanwaltschaft und bei Gerichten wie Jana Stobinsky, Anne Brorhilker und Roland Zickler, die sich im Film äußern, haben für die Aufarbeitung dieser komplexen Sachverhalte gesorgt und die Strafverfolgung bis zur Verurteilung betrieben. Im Lauf der Ermittlungen wurde die Durchsuchung zahlreicher Bankhäuser veranlasst, unzählige Unterlagen und tausende Excel-Tabellen gesichert und gesichtet. Die Beamten mussten Einschüchterungen trotzen, wurden mit Klagen überzogen und führten einen jahrelangen Kampf gegen mächtige Gegner, allen voran der inzwischen verurteilte Hanno Berger. Ihre unerschütterliche Überzeugung, dass ein Verbrechen vorliegt und geahndet werden muss, macht den Film zu einer Heldengeschichte - über einen Skandal, der die Gesellschaft bis heute teuer zu stehen kommt.

Zwar gab es in Deutschland inzwischen 20 Urteile gegen Cum-Ex-Betrüger, denen jedoch die Zahl von international rund 2000 Beschuldigten gegenübersteht. Weitere Prozesse sind nicht in Sicht. Cum-Ex gilt in Deutschland als gestoppt, doch nach wie vor ermöglichen Unterschiede in den nationalen Steuergesetzgebungen Betrügereien durch rein steuergetriebene Wertpapiergeschäfte.

Die Journalisten Oliver Schröm und Christian Salewski sitzen an einem Konferenztisch im Gespräch. Im Vordergrund steht der Bildschirm eines Laptops.
Die Investigativjournalisten Oliver Schröm (l.) und Christian Salewski (r.)

Oliver Schröm ist Investigativjournalist und Autor zahlreicher Enthüllungsbücher. Nach verschiedenen journalistischen Stationen gründete er 2010 das Investigativteam beim "Stern" und leitete es bis 2016. Er war Mitgründer von "Correctiv" und 2018/2019 Chefredakteur der Investigativplattform, heute arbeitet er wieder für den "Stern". Seit 2013 recherchiert er zu Cum-Ex-Geschäften, initiierte und leitete 2018 dazu ein internationales Rechercheprojekt in zwölf Ländern. Sein Buch "Die Cum-Ex-Files" war Basis für den Dokumentarfilm "Systemfehler: Der Cum-Ex Skandal".

Judith Lentze ist freie Producerin, Regisseurin, Autorin und Drehbuchberaterin. Sie arbeitete für Hollywoodproduktionen wie "Point Break" (2015), "A Cure for Wellness", "Mute" und "Berlin Station" sowie an Kunst- und Werbefilmen. Sie schrieb den Dokumentarfilm "The Great Escape", führte Regie bei Dokumentationen über den Aufbau Verlag und das "Museum for Urban Contemporary Art" in Berlin und war Producerin der Projekte "24h Europa" und "Europa – Kontinent im Umbruch".

Als Special Guest im Team konnte Dirk von Lowtzow als Sprecher für den Off-Kommentar gewonnen werden.

Director’s Statement Judith Lentze

"Das Thema 'White Collar Crime' hat mich schon lange Zeit fasziniert, doch abseits von Wirtschaftsjournalismus und investigativen Reportagen ist es oft unterrepräsentiert. Ich wollte es gerne anders erzählen - lebhafter, greifbarer. Denn schließlich stecken hinter jedem Finanzskandal Menschen: die Betrüger und diejenigen, die die Betrügereien aufdecken. Das spannende Buch von Oliver Schröm über seine jahrelangen Cum-Ex-Recherchen liefert dafür eine perfekte Gelegenheit und Grundlage. Angespornt von seinen Recherchen, begann ich mich intensiv mit dem komplexen und weitreichenden Feld des Steuerbetrugs zu beschäftigen. Die enge Zusammenarbeit mit Oliver Schröm war dabei eine große Bereicherung und ermöglichte mir den exklusiven Zugang zu zentralen Akteuren in den Ermittlungen, die zum Teil mehr als ein Jahrzehnt in die Aufklärung dieses Skandals investiert haben. Ihr Insiderwissen bot mir die Möglichkeit, das Cum-Ex-System in all seinen Facetten zu verstehen und verständlicher zu machen. Ich hoffe, das ist gelungen, und der Film kann dazu beitragen, dieses komplexe Thema zu sortieren und das Ausmaß des Betrugs sichtbar zu machen."

Meine Merkliste

Alle Inhalte auf Ihrer Merkliste sind noch mindestens 3 Tage verfügbar.

Sie haben derzeit keine Videos in Ihrer Merkliste

Sie können ein Video der Merkliste hinzufügen, indem Sie das "+" am Teaser oder Beitrag anwählen.

Live

Statische Headline

1h 7min

3sat Logo

An dieser Stelle würden wir dir gerne die Datenschutz-Einstellungen anzeigen. Möglicherweise hast du einen Ad-Blocker oder ähnliches in deinem Browser aktivert, welcher dies verhindert. Falls du die Datenschutzeinstellungen sehen und bearbeiten möchtest, prüfe, ob ein Ad-Blocker oder ähnliches in deinem Browser aktiv ist und schalte es aus. So lange werden die standardmäßigen Einstellungen bei der Nutzung der 3sat Mediathek verwendet. Dies bedeutet, das die Kategorien "Erforderlich" und "Erforderliche Erfolgsmessung" zugelassen sind. Weitere Details erfährst du in unserer Datenschutzerklärung.

3sat Logo

Offensichtlich ist in deinem Browser das Plugin "I don't care about Cookies" aktiviert. Eigentlich würden wir dir an dieser Stelle gerne die Datenschutzeinstellungen anzeigen. Dies wird durch das Plugin verhindert. Falls du die Webseite sehen und nutzen möchtest, prüfe, ob das Plugin in deinem Browser aktiv ist und schalte es aus.