Gesellschaft
37°: Die Nummer auf meinem Arm
Albrecht Weinberg ist 99, Ostfriese und einer der letzten Überlebenden der Shoah. Am 24. Februar 2012 kam er aus den USA zurück nach Deutschland. Seitdem ist er unterwegs, um aufzuklären.
- Produktionsland und -jahr:
- Deutschland 2024
- Datum:
- Verfügbar
- weltweit
- Verfügbar bis:
- bis 10.06.2027
- Ton
- UT
- AD
Im Gegensatz zu vielen Erwachsenen haben junge Menschen keine Berührungsängste mit dem Holocaustüberlebenden. Sie stellen alle möglichen Fragen und machen Selfies mit Albrecht Weinberg und mit seiner KZ-Nummer auf dem Unterarm.
Albrecht schätzt das, denn diese Jugendlichen sind für ihn der Beweis, dass die Welt heute eine bessere ist als damals, als er selbst ein Kind war. 1925 geboren und aufgewachsen in Ostfriesland, Rhauderfehn, endete das bescheidene und, wie Albrecht sagt, "schöne" Familienleben unmittelbar nach der Machtergreifung Adolf Hitlers. Zunächst waren es Schul- und Berufsverbote, eine zunehmende Insolation und Diskriminierung im Alltag, die es Albrecht, seinen beiden älteren Geschwistern Dieter und Friedel sowie seinen Eltern Flora und Alfred unmöglich machten, ein normales Leben zu führen. In der Reichspogromnacht schließlich wurde ihr Haus verwüstet, die Familie wurde auseinandergerissen, es begann eine Odyssee.
Verfolgung, Ausbeutung, Ermordung. Albrechts Eltern Alfred und Flora Weinberg wurden in Auschwitz ermordet. Sein Bruder Dieter überlebte den Krieg und kam kurz darauf unter ungeklärten Umständen ums Leben. Friedel und Albrecht wanderten in die USA aus, sie wollten Deutschland nie wiedersehen.
60 Jahre später waren es engagierte Leeraner Bürger, die Albrecht und Friedel, die nun ein Pflegefall war, einluden und zurückbrachten in das Land, mit dem Albrecht sich seither versucht zu versöhnen. Gerda Dänekas, seine ehemalige Pflegerin und heute beste Freundin und Mitbewohnerin, hat ihn nach dem Tod seiner Schwester bei sich aufgenommen. Ihrem Engagement ist es zu verdanken, dass Albrecht nach all den schrecklichen Erfahrungen einen neuen Lebenssinn fand: Gemeinsam leisten Albrecht und Gerda seit vielen Jahren Aufklärungs- und Erinnerungsarbeit zum Holocaust. Sie gehen an Schulen und in Gedenkstätten, sprechen auf Veranstaltungen und mit der Presse.
Anfang 2024 erschien Albrecht Weinbergs Autobiografie, in der auch die Geschichten seiner 40 Familienangehörigen vorkommt, von denen niemand die Todesmaschinerie der Nazis überlebt hat. Gerda und Albrecht möchten, dass das Buch und dieser Film Albrechts Vermächtnis sind. Die aktuellen Entwicklungen zu antisemitischen Vorfällen in Deutschland und nicht zuletzt das Erstarken extremer Rechter sind für die beiden ein Grund, so lange sie können gegen Hass und Hetze zu kämpfen.
"37°" begleitet dieses besondere Paar bei seiner Arbeit gegen das Vergessen und in Alltagsmomenten, ist dabei, wenn Albrecht einem ehemaligen Wehrmachtssoldaten begegnet und diesen zur Rede stellt, erlebt Albrecht und Gerda in witzigen und traurigen Momenten. Albrecht wird zunehmend müde, Angst vorm Sterben hat er nicht. Er kann sich sicher sein, Gerda wird die Erinnerung an sein Leben und das vieler anderer Menschen, die von den Nazis ermordet wurden, weitertragen.