Gesellschaft

Crypto-Crime - Wirtschaftsbetrug rund um Bitcoin & Co

Bitcoin und andere Crypto-Anwendungen sollen die Finanzwelt egalitärer, vielseitiger, funktionaler und sicherer machen. Und doch erbeuten Crypto-Verbrecher unglaubliche Summen.

Produktionsland und -jahr:
Deutschland
Datum:
Verfügbar
weltweit
Verfügbar bis:
bis 11.01.2027

Von Carsten Meyer

Der 3. Januar 2009 kommt als unscheinbares Datum daher. Und doch geschah an diesem Tag Außergewöhnliches: Der erste Bitcoin wurde erschaffen. Mitten in der Finanzkrise, nur wenige Wochen nach der Pleite von Lehman Brothers, als die Welt des Geldes in den Abgrund trudelte, entstand mit der ersten Cryptowährung eine Art Gegenentwurf.

Satoshi Nakamoto entwickelte mit dem Bitcoin und seiner technischen Basis, der Blockchain, ein System zur Demokratisierung des Geldes. Das heute berühmte, begleitend veröffentlichte "White Paper" skizziert eine Technologie, in der Teilnehmer einander Geld transferieren können - ganz ohne Banken.

Der Mythos

Satoshi, der geniale Erfinder, bleibt bis heute ein Pseudonym, ein Mythos. Niemand weiß, wer er ist. Oder war. Sein Baby aber hat die Welt verändert. Der Bitcoin, anfangs nur Bruchteile eines Cents wert, kostet heute gut 40.000 Dollar.

Doch mit dem Erfolg kamen die Gauner.

Die Crypto-Queen

Es gibt irre Geschichten. Zum Beispiel die der "Crypto-Queen". Dr. Ruja Ignatova trat auf wie ein Popstar. Als sie 2016 die Londoner Wembley Arena betrat, traf sie auf eine begeisterte - und zahlungswillige - Menge. Was sich anfühlte wie eine bombastische Bühnenshow, war tatsächlich eine Werbeveranstaltung - für One Coin.

One Coin, prophezeite die Crypto-Queen, werde Bitcoin in die Bedeutungslosigkeit schicken. One Coin, der Bitcoinkiller, die einzig wahre Cryptowährung! Und die Leute kauften. One Coin gab es für das Geld zwar noch nicht, lediglich "Educational Packages", Fortbildungsbroschüren, die später in One Coin eingelöst werden könnten. Vier bis fünf Milliarden Dollar soll Ruja Ignatova eingesammelt haben. Bis zum 25. Oktober 2017. An diesem Tag verschwand sie, spurlos - und mit ihr das Geld.

Kimberly Grauer, 32, ist Head of Research bei Chanalysis in New York, einem Unternehmen, das darauf spezialisiert ist zu ermitteln, wo und wie Cryptowährungen weltweit eingesetzt werden - legal und illegal. Sie sagt: "Es gab kein Produkt, es gab nur eine charismatische Führungsperson. Die haben einfach gelogen."

Africrypt - get rich quick

Zwei Brüder aus Johannesburg, Südafrika, hatten ebenfalls den Traum, schnell reich zu werden. Raees und Amir Cajee, 18 und 21 Jahre alt, gründeten 2019 Africrypt, eine Art Vermögensverwaltung für Cryptowährungen. Ihre Kunden: "High net worth clients", wie es in Finanzkreisen heißt, also: reiche Leute.

Eine Handelssoftware hätten sie entwickelt, mit der sie in Cryptowährungen investieren und eine Rendite von bis zu 20 Prozent pro Monat erzielen würden. Sie warben mit der Nutzung Künstlicher Intelligenz. In nur zwei Jahren sammelten die beiden unfassbare Summen ein. Bis sie im April 2021 verschwanden - mit Bitcoin im Wert von rund 3,6 Milliarden Dollar.

Verführbarkeit durch Gier

Alles deute auf einen "Exit scam" hin, sagt Kim Grauer, Autorin des jährlichen Crypto Crime Reports, dessen Erkenntnisse unter anderem von Ermittlungsbehörden genutzt werden. Die Brüder sollen sich Pässe des pazifischen Inselparadieses Vanuatu besorgt haben. Ihre Spur verliert sich vorerst in Dubai. Dubai liefert nicht aus.

Eine gerechtere Finanzwelt wollte Satoshi Nakamoto schaffen durch die Demokratisierung des Geldes per Blockchain. Die Blockchain ist manipulationssicher, bis heute, der Bitcoin ein Riesenerfolg. Im Herbst 2021 erreichte er sein bisheriges Rekordhoch von knapp 69.000 Dollar. Die kriminelle Energie des Menschen und seine Verführbarkeit durch Gier hat Satoshi aber offenbar unterschätzt.

"Das ist für uns alle neu", resümiert Kim Grauer. "Und es gibt noch viel herauszufinden."

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