Gesellschaft

Südkorea – Die Zukunft ist jetzt

Südkorea setzt Trends. Mit K-Pop, Serienhits und Marken wie Samsung und Hyundai ist das Land auf Erfolgskurs. Doch Südkorea kämpft auch mit einem Negativrekord: es hat die niedrigste Geburtenrate der Welt.

Produktionsland und -jahr:
Datum:
Verfügbar
weltweit
Verfügbar bis:
bis 06.12.2024

In Südkorea nennt man es die 4 No’s: keine Verabredungen, kein Sex, keine Heirat, keine Kinder. Immer zahlreicher verweigern sich Frauen den traditionellen Rollen. Gleichzeitig schaffen Leistungsdruck und Konkurrenz soziale Gräben und bringen die Menschen ans Limit. Was ist los im Tigerstaat Südkorea?

Südkorea ist ein strategischer Dreh- und Angelpunkt der Weltpolitik. Seit 70 Jahren stehen sich hier die Ideen von demokratischer und autoritärer Ordnung unversöhnlich gegenüber. Seit dem Ende des Korea-Krieges 1953 überwachen Schweizer Soldaten das Waffenstillstandsabkommen, dem nie ein Friedensvertrag folgte. Formell befinden sich Nord- und Südkorea noch immer im Krieg. Im Zuge der neusten weltpolitischen Verwerfungen steht diese Grenze, die als die gefährlichste der Welt gilt, wieder stark im Fokus.

Doch die Menschen in Südkorea haben andere Prioritäten. Das Land schreibt eine beispielslose Erfolgsgeschichte: von einem der ärmsten Länder der Welt zu einer fortschrittlichen, demokratischen Industrienation mit Softpower. Ein rasanter Aufstieg, erreicht durch einen kollektiven Kraftakt, eiserne Disziplin und lange Arbeitszeiten. Erfolgreich sein ist auch heute noch das höchste Ziel.

„Palli palli“ – „schnell, schnell“ ist ein geflügeltes Wort in Südkorea und gehört jetzt zum Alltag von Lauren Guardia. Die 35-jährige arbeitet bei NCSoft, einer der drei größten Firmen für Computerspiele. Für ihren Traumjob brach sie ihre Zelte in der Schweiz ab und zog kurzerhand nach Seoul. Die dynamische Hauptstadt zieht immer mehr Ausländerinnen und Ausländer mit Karriereambitionen an. Denn kreative Branchen boomen.

Für die einen ist Südkorea eine Chance, andere zerbrechen am Druck. Südkorea hat unter den Industrieländern die höchste Suizidrate. Sterbekurse sollen Abhilfe schaffen. Die 55-jährige Youngsuk Shin ist schon das zweite Mal dabei. Sie schreibt ihr Testament, legt sich in den eigenen Sarg und übt das Tot-Sein – in der Hoffnung, dass die Verzweiflung nachlässt und sie einen neuen Blick auf ihr Leben gewinnt.

„Ein Land, in dem Kinder unglücklich sind, hat eine unglückliche Zukunft vorprogrammiert“, sagt Nury Kim, einer der schärfsten Kritiker des Landes. Bei seinen Vorträgen fangen viele an zu weinen. Turbokapitalismus und Wettbewerb treiben die Gesellschaft in die Hoffnungslosigkeit, glaubt der Germanist. Die Konsequenz sind Trends wie die „4 No`s“: keine Verabredung, kein Sex, keine Heirat, keine Kinder.

Zusammen mit Studentinnen will Nury Kim die Gesellschaft verändern und ein Buch veröffentlichen. Es soll die Gründe für das Phänomen der „Familienverweigerer“ aufdecken und Auswege zeigen.

Der Konfuzianismus hat das koreanische Volk stark geprägt. Das moderne Südkorea scheint aus den verstaubten Traditionen des Patriarchats herauszuwachsen. „Die Demokratie von Korea ist vergleichbar mit der der europäischen Länder im 19. Jahrhundert“, sagt der Politologe Taehun Lim. Aber die Gesellschaft verändert sich. Fast täglich demonstrieren junge Menschen gegen starre Rollenklischees und soziale Ungleichheit. Auch die Transgender Jungle kämpft für mehr Gleichberechtigung, mehr Freiheit und mehr Demokratie: für eine Zukunft im hier und jetzt.

Der Film begleitet Menschen, die in Südkorea ihre berufliche und private Chance ergreifen. Er sucht nach Gründen für die wachsende Kluft zwischen den Geschlechtern und zeigt auch die Schattenseiten des wirtschaftlichen Erfolges, für den viele alles opfern. Mutige Frauen sprechen offen über Leistungs- und Erfolgsdruck und über ihre Entscheidung gegen eine Familie. Aussteiger erzählen von ihrem neuen Leben, fernab vom Stress der Großstadt. Und der Film taucht ein in die bunte Welt von K-Pop und versucht zu ergründen, warum jahrhundertealte Traditionen bis heute die Menschen prägen. 

Ein Film von Maria-Christina Degen.

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