Kultur

Die Emojikalypse :-)

Herrscher über die Auswahl an Emojis auf unseren Smartphones ist das Unicode-Konsortium in den USA. Doch wie kommt die Auswahl zustande? Und was macht die Flut der kleinen Bildchen mit unserer Kommunikation? Vierzig Jahre nach der Erfindung des Ur-Emoticons :-) wird es Zeit für eine Bestandsaufnahme.

Produktionsland und -jahr:
Datum:
Verfügbar
weltweit
Verfügbar bis:
bis 17.09.2027
Ton
UT

Ein Film von Lilly Schlagnitweit

Am 19. September 1982 wurde das erste Emoticon verschickt :-). Seither verändert sich unsere Welt rasant in Richtung Post-Schrift-Gesellschaft.

Droht mit den gelben Zwinkersmileys die Gefahr, dass unsere Kommunikation immer trivialer wird? Oder sind die vielen Memes, GIFs und Bildchen nicht ein Grund zur Freude, weil durch sie emotionaler, schneller und kreativer kommuniziert wird?

Mann mit Brille und schütterem Haar hält lachend ein Papier mit einem Kack-Emoji in die Luft.
Typograf Erik Spiekermann braucht keine Worte um seine Ablehnung von Emojis deutlich zu machen

Einer Umfrage zufolge nutzen allein bei den über 16-jährigen 78% aller Deutschen Emojis. Dass wir mit Bildern kommunizieren, ist erstmal nicht neu. Davon zeugen auch die analogen Vorläufer der Emojis: Piktogramme im Alltag. Neu ist allerdings die Fülle der Bilder und ihre massenhafte Verwendung in der digitalen Kommunikation. Manche lässt das Emoji-Alphabet gar an Hieroglyphen denken. Entwickelt sich hier eine neue Bilderschrift? Und was bedeutet das – Innovation oder kultureller Rückschritt?

"Meine Großeltern verwirren mich manchmal komplett"

Vier Jugendliche mit Smileys statt Köpfen

Linguist Florian Busch hat in einer Studie die Whatsapp-Kommunikation bei Jugendlichen untersucht. Bei der Auswahl des passenden Emoji werden dort eigene Regeln angewandt, je nach Absender*in und Empfänger*in. Die stehen allerdings in keinem Nachschlagewerk. Sind Missverständnisse also vorprogrammiert? Die Schülerin Marie bestätigt: "Meine Großeltern verwirren mich wirklich manchmal komplett mit ihrer Wahl an Emojis." Und was bedeutet es eigentlich für blinde Menschen, wenn die Kommunikation von immer mehr Bildern geflutet wird?

Wächter über die Emojis ist das Unicode-Konsortium mit Sitz in Kalifornien. Vorschläge für Emojis kann dort jede*r einreichen. Doch obwohl die ganze Welt Emojis benutzt, bestimmt nur eine Handvoll Personen darüber, welche es davon neu auf die Smartphone-Tastaturen schaffen. In den letzten Jahren waren das u.a. mehr verschiedene Hautfarben oder Beziehungskonstellationen. Jennifer Daniel, Vorsitzende des Unicode-Emoji-Komitees sagt,  allen Wünschen nachzukommen sei nicht möglich. Nicht nur, weil das den Platz auf den Geräten sprengen würde. Die Emojis müssen bestimmte Kriterien erfüllen, etwa möglichst vielseitig einsetzbar sein. Statt unendlich viele neue Emojis in den Unicode Standard aufzunehmen, wünscht sich Daniel, dass User verschiedene Emojis kombinieren und selbst kreativ werden.

"Politische Emojis sind auf den Tastaturen nicht willkommen"

junge Frau mit hochgesteckter Friseur trägt eine riesige Pappe, die einen Teil eines Faust-Emojis zeigt
Die Künstlerin Lilian Stolk hat eine App entwickelt, mit der sich über Emojis abstimmen lässt.

Künstlerin und Emoji-Expertin Lilian Stolk hätte gerne, dass alle mitbestimmen können, was Teil unseres Emoji-Sprachschatzes wird und was nicht: „Warum war ein explizites Menstruations-Emoji dem Unicode-Konsortium zu spezifisch, eine Öllampe aber nicht? Warum gibt es einen Salzstreuer aber keine Pfeffermühle?“ Stolk hat einen Emoji-Voter entwickelt, bei dem jede*r abstimmen kann: Brauchen wir dieses Emoji oder nicht? Denn Emojis dienen nicht nur dem Spaß, sie können auch Repräsentation bedeuten. Stolk hat etwa ein eigenes Klimawandel-Emoji Design - bei Unicode war das Thema nicht durchgekommen. "Politische Emojis sind auf den Tastaturen nicht willkommen", sagt Stolk.

Ebenfalls im Film zu Wort kommen: Ur-Emoticon-Erfinder Scott Fahlman, Emoji-Entwickler Shigetaka Kurita, dessen Werke heute im MoMA in New York hängen, die Kulturwissenschaftlerin Gala Rebane, der Typograf Erik Spiekermann, die Psychologin Wera Aretz, der Grafikdesigner O’Plérou Grebet, der Experte für Barrierefreiheit im Netz Heiko Kunert und der Psychiater Manfred Spitzer.

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