Kultur
"Kulturzeit" vom 13.12.2024: 100 Jahre PEN und die Freiheit des Wortes
Die Themen der Sendung: 100 Jahre PEN Deutschland, Vertrauensfrage - Gespräch mit Martin Hartmann, Wolfgang Becker, David Grossman, Moses Pelhams Abschiedstour und Krimibuchtipps.
- Produktionsland und -jahr:
- Deutschland 2024
- Datum:
- Verfügbar
- weltweit
- Verfügbar bis:
- bis 13.12.2025
Die Themen der Sendung:
100 Jahre PEN Deutschland
Am 15. Dezember 1924 wurde der deutsche PEN gegründet. Seitdem begleitet die Schriftstellervereinigung die Frage, wie politisch diese sein sollte. Gerade in Zeiten zunehmenden Autoritarismus wird diese Frage vehementer denn je gestellt. Um einen ursprünglich intendierten "neutralen" Weg, der den PEN International als einen unpolitischen, bloß sozialen Club etablieren wollte, wurde bereits seit den 1920er Jahren heftig gestritten - besonders in Deutschland. Das deutsche PEN-Zentrum wandte sich von der Satzung des internationalen PEN-Clubs ab, indem es vehement für die Rechte von Schriftstellern eintrat und damit den Grundsatz no politics des internationalen Vereins verwarf. Nach 1933 erfolgte unter massivem Druck der SA die Gleichschaltung des PEN Bundes. 1934 wurde der P.E.N. in den "Bund nationaler Schriftsteller" "umgewandelt". Ein Jahr später nahm die unabhängige deutsche Abteilung des PEN im Londoner Exil ihre Arbeit auf. "Writers in Exile" wurde ein zentrales Thema des PEN. Es hat bis heute nicht an Aktualität verloren. Ein Stipendiaten-Programm gleichen Namens kümmert sich bis heute um Schriftsteller*innen, die aus ihrer Heimat fliehen mussten. Doch auch heute noch führt die Frage nach politischer Positionierung einzelner Mitglieder zu Kontroversen und Abspaltungen. Nach dem Rücktritt des zum Präsidenten wiedergewählten Journalisten und Schriftstellers Deniz Yücel gründete sich auf seine Initiative hin eine Konkurrenzvereinigung, der PEN Berlin. Seit Herbst 2023 ist die Vereinigung auch Mitglied des Internationalen PEN Verbandes. Wir nehmen die bewegte Geschichte des PEN in den Blick und fragen nach der besonderen Verantwortung der Schriftstellervereinigung in Zeiten von Trump & Co. Wie begegnet der PEN dem zunehmenden Rechtsruck? Wie politisch ist die Arbeit des PEN in Deutschland? Und wie weit reicht die Meinungsfreiheit und die Freiheit des Wortes tatsächlich?
Eine Frage des Vertrauens - Gespräch mit Martin Hartmann
Bundeskanzler Olaf Scholz hat die angekündigte Vertrauensfrage beantragt und damit den ersten Schritt zu vorgezogenen Neuwahlen in Deutschland eingeleitet. Die Bundestagsdebatte über die Vertrauensfrage findet am 16. Dezember statt. Sollte der Kanzler, der nach dem Bruch der Ampel-Koalition eine rot-grüne Minderheitsregierung anführt, die Abstimmung wie erwartet verlieren, ist der Weg frei für eine Auflösung des Bundestags und für eine Neuwahl. Wir nehmen dies als Anlass, um mit dem Philosophen Martin Hartmann über die Vertrauensfrage und Vertrauen zu sprechen.
Regisseur Wolfgang Becker gestorben
Der "Good Bye, Lenin!"-Regisseur Wolfgang Becker ist tot. Er starb am 12. Dezember im Alter von 70 Jahren nach schwerer Krankheit, aber dennoch überraschend, wie die Agentur Just Publicity unter Berufung auf Beckers Familie mitteilte. Der erste große Filmerfolg von Becker war "Das Leben ist eine Baustelle", der 1997 auf der Berlinale uraufgeführt wurde und drei Deutsche Filmpreise gewann. 2003 erschien dann mit der Tragikomödie "Good Bye, Lenin!" Beckers größter Erfolg. In dem Film gaukelt ein Sohn seiner Mutter nach dem Mauerfall das Fortbestehen der DDR vor, um ihre Gesundheit nicht zu gefährden. Mit mehr als sechs Millionen Besuchern wurde der neunfache Preisträger des Deutschen Filmpreises der erfolgreichste Film des Jahres. Auch international überzeugte "Good Bye, Lenin!" und gewann unter anderem sechs europäische Filmpreise. Mit dem Produzenten Stefan Arndt sowie den Regisseuren Dani Levy und Tom Tykwer hatte Becker vor seinen großen Erfolgen die Firma X Filme gegründet, die bald danach verschiedene Kinohits produzierte. Dazu zählte auch Tykwers "Lola rennt" und Levys "Alles auf Zucker".
David Grossman erhält den Heinrich-Heine-Preis
Der israelische Schriftsteller und Friedensaktivist David Grossman erhält am 14. Dezember den Heine-Preis der Stadt Düsseldorf. Die mit 50.000 Euro dotierte Auszeichnung zählt zu den bedeutendsten Literaturpreisen in Deutschland. Bei der Verleihung im Schauspielhaus wird Publizistin Carolin Emcke die Laudatio halten. Eine Woche zuvor hatte Grossman den Marion-Dönhoff-Preis für seinen Einsatz für Versöhnung zwischen Israelis und Palästinensern erhalten. Mit dem Heine-Preis würdigt die Jury ihn als eine der bedeutendsten Stimmen der Gegenwartsliteratur. "Seine Prosa ist durchdrungen vom tiefen Verständnis und empathischer Nähe zu den Menschen mit ihren unauflöslich erscheinenden Konflikten." Und: "In seinen intellektuell bestechenden, differenzierten Reden und Essays wirbt er unaufhörlich für Frieden und Aussöhnung im Nahen Osten." Er werde nicht müde, der Menschlichkeit eine Stimme zu geben.
Grossman wurde 1954 in Jerusalem geboren. Für sein Werk erhielt er zahlreiche Auszeichnungen, unter anderem den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. Krieg und Gewalt sind wiederkehrende Themen seiner Literatur. So etwa in dem Roman "Eine Frau flieht vor einer Nachricht": Eine Mutter fürchtet sich vor der möglichen Nachricht, dass ihr Sohn als Soldat gestorben ist. Das Buch ist unter anderen Grossmans Sohn Uri gewidmet, der 2006 als Soldat im Libanon-Krieg ums Leben kam. Grossman hat sich immer wieder kritisch zur israelischen Politik geäußert, zum Nahostkonflikt und zum 7. Oktober 2023. Auf Deutsch sind einige Schriften hierzu in dem Band "Frieden ist die einzige Option" versammelt.
Moses Pelham im Interview über seinen Abschied vom Rap
Der Deutsche Rap - das ist Moses Pelham. Doch jetzt soll Schluss sein. Nach 31 Jahren zieht sich der Frankfurter Rapper und Musikproduzent mit Album und Abschiedstournee zurück. "Letzte Worte" heißt sein letztes Album, das am 25. Januar 2025 erscheint. Lange hieß es für Moses P nur "Höha, schnella, weita". In dem gleichnamigen Track bezeichnet der Mitbegründer des Rödelheim Hartreim Projekts sich schon Mitte der 1990er Jahre als lebende Legende und rappt, dass er ja in Rente gehen würde, wenn da nur jemand wäre, der den Job machen könnte. Er entdeckt und fördert Sabrina Setlur und Xavier Naidoo, streitet und versöhnt sich wieder, bricht Stefan Raab nach einer Echo-Verleihung die Nase und liegt mit Kraftwerk seit zwei Jahrzehnten im Rechtsstreit. Wir haben Moses P in Frankfurt getroffen, wo er bis zum 21. Dezember auf Tournee ist, und haben ihn gefragt: Warum gerade jetzt? Und was kommt danach?