Kultur
"Kulturzeit" vom 04.12.2024: Debatte um Prostitution und Sexkaufverbot
Die Themen der Sendung: Sexkaufverbot, "Was du kriegen kannst" - Gespräch mit Hubert Winkels, Provenienz in ostdeutschen Museen, Turner Prize, Johann Strauss Sohn.
- Produktionsland und -jahr:
- Deutschland 2024
- Datum:
- Verfügbar
- weltweit
- Verfügbar bis:
- bis 04.12.2025
Die Themen der Sendung:
Sexkaufverbot ja oder nein?
2002 wurde die Prostitution in Deutschland legalisiert. Das sollte die Frauen schützen vor Zwangsprostitution und Menschenhandel. Deutschland wurde zum Bordell Europas, sagen Kritiker. Sextouristen kommen via pauschal gebuchter Reise vor allem aus Skandinavien und Frankreich, wo Prostitution verboten ist. Ziel sind oft große Bordellhäuser, industriell geführte Betriebe. Dorothee Bär von der CSU war die letzten Jahre sehr viel unterwegs, auch auf dem Berliner Straßenstrich. Sie kennt viele Aussteigerinnen und das immer noch alltägliche Elend. Sie und ihre Partei wollen nun das "Nordische Modell", bei dem die Prostituierten zwar straffrei bleiben, ihre Kunden aber polizeilich verfolgt werden. Die Prostituierte, Buchautorin und Philosophin Salome Balthus lehnt das ab. Ein Verbot gleich welcher Art würde die Frauen wieder in die Illegalität treiben und den "Job" gefährlicher machen. Wir haben mit den beiden gesprochen und außerdem einen Bodellbetreiber und den Gründer einer Aussteiger-Organisation für Prostituierte getroffen.
Clemens Böckmann "Was du kriegen kannst" - Literaturgespräch mit Hubert Winkels
Die DDR in den 1970er Jahren: Uta Krahl, eine junge Frau aus dem Erzgebirge, frisch geschieden, reist jedes Jahr zur Leipziger Messe. Die Stasi hat sie angeworben. Als sogenannte Sexarbeiterin soll "IM Anna" vor allem Geschäftsleute aus dem Westen "abschöpfen". Die Infos gehen an die Stasi, Geld und Geschenke der Herren an Uta. "Was du kriegen kannst", der erste Roman des Filmemachers, Journalisten und Autors Clemens Böckmann, spielt auf verschiedenen Ebenen. Zum einen sind da die in trockenem und nüchternem Behördendeutsch abgefassten Berichte der Stasi, zum anderen die Berichte Utas aus der damaligen Zeit. Der Autor zeichnet das Leben Utas nach. Sie führt ein ausschweifendes Leben, genießt es. Zwickau, Leipzig, Karl-Marx-Stadt, Prag: Hier verkehrt sie in den besten Restaurant und Hotels. Doch irgendwann kommt der Punkt, an dem sie aufhören möchte. Wir sprechen mit dem Literaturkritiker Hubert Winkels über den Roman.
Aus dem Schatten der Geschichte: die wahre Herkunft ostdeutscher Museumsschätze
Tausende Exponate in ostdeutschen Museen teilen eine belastete Geschichten: Sie wurden enteignet zu Zeiten der sowjetischen Besatzung und der SED-Diktatur. Experten schätzen, dass diese Exponate vier Prozent aller Sammlungen in Brandenburg ausmachen. Weit mehr als Stücke ähnlichen Ursprungs aus der NS-Zeit. In jedem Museum des Bundeslandes weisen Dutzende Objekte auf einen problematischen Erwerb hin. Provenienzforscher versuchen, diese komplexe Geschichte aufzudecken und die Exponate ihren rechtmäßigen Eigentümern zurückzugeben. Doch selbst wenn der Ursprung geklärt ist, stehen Museumsmitarbeiter vor einem Dilemma - durch eine Restitution könnten sie sich strafbar machen. Eine rechtliche Grundlage fehlt. Dieser Umstand ist nicht auf Ostdeutschland beschränkt. Durch Kunsthandel und Transfers haben auch zahlreiche westdeutsche Museen enteignete Kunst in Ihre Sammlungen aufgenommen. Wir treffen den jungen Leiter der Städtischen Sammlung Cottbus, Robert Büschel. Er zeigt uns die enteigneten Exponate seines Museums und erzählt über seine Anstrengungen, diesen Teil der DDR-Geschichte sichtbar zu machen. Der Provenienzforscher der Brandenburger Museen Alexander Sachse erklärt uns, warum es wichtig ist, das historische Unrecht aufzuarbeiten und die Schicksale der Betroffenen darzustellen. Kunstanwalt Ulf Bischof legt dar, warum die Rechtslage aktuell keine Restitution ermöglicht, und welche Anstrengungen nötig wären, um die Rückgabe entzogenen Kulturgutes zu vereinfachen.
Turner Prize geht an Jasleen Kaur
Für ihre Würdigung der schottischen Sikhs hat Jasleen Kaur den Turner Prize gewonnen. Die 37-Jährige, die in Glasgow aufwuchs, bringe "mit unerwarteten und spielerischen Materialkombinationen unterschiedliche Stimmen" zusammen, lobte die Jury. Die bedeutendste britische Auszeichnung für moderne Kunst feiert in diesem Jahr ihren 40. Geburtstag. Der Preis ist mit 25.000 Pfund (30.090 Euro) dotiert und nach dem britischen Maler J.M.W. Turner (1775–1851) benannt. Er geht jedes Jahr an einen Künstler, der entweder aus Großbritannien stammt oder im Land arbeitet. Damit gilt die Auszeichnung als Gegenstück zum Booker Prize für britische Schriftsteller. Kaur wurde für eine Ausstellung in Glasgow ausgezeichnet, bei der sie Familienfotos und einen Oldtimer nutzte, der mit einer riesigen Decke bedeckt ist, und kinetische Handglocken. Ihre Arbeit untersuche, wie kulturelles Gedächtnis in den Objekten und Ritualen, die uns umgeben, geschichtet ist, hieß es zur Begründung.
Zum 200. Geburtstag von Johann Strauss Sohn
Die britische Stadt Liverpool hat ihre Beatles, Memphis, Tennessee Elvis Presley und Wien seinen Johann Strauss. Ein Popstar der Musikgeschichte, dessen Donauwalzer, die inoffizielle Hymne seiner Heimatstadt, weltweit zu den populärsten Werken der klassischen Musik zählt. Und das ehemalige kleine Haus der Kunst vis-à-vis der Secession ist ab sofort zu einem neuen Strauss-Museum umfunktioniert. Immersiv, informativ und interaktiv lautet hier die Devise, um Johann Strauss in all seinen Dimensionen gerecht zu werden.