Kultur
"Kulturzeit" vom 01.06.2023: Wie Moral die Gesellschaft einen kann
Die Themen der Sendung: "Moral - die Erfindung von Gut und Böse", Linksextremismus in Ostdeutschland, Uferhallen in Gefahr, Kulturförderpreis, Matthew Herbert.
- Produktionsland und -jahr:
- Deutschland 2023
- Datum:
Die Themen der Sendung:
"Moral - die Erfindung von Gut und Böse"
Die Moral ist zum politischen Kampfbegriff geworden. Der Philosoph Hanno Sauer will daran etwas ändern. Moral hält er für den entscheidenden Kitt menschlicher Kultur. In seinem Buch “Moral - die Erfindung von Gut und Böse” geht Sauer der Frage nach, wie die Moral den Menschen zu dem gemacht hat, der er heute ist. Er beginnt ganz am Anfang: vor 5 Millionen Jahren. Auf einem Zeitstrahl bewegt sich der Autor durch die Jahrtausende und zeigt, wie die Moral die kulturelle Entwicklung des Menschen vorangetrieben hat. Da die Menschheit durch die gestiegene Kooperationsfähigkeit immer weiter wuchs, begann der Mensch, Sanktionen für unmoralisches Verhalten zu etablieren. Sauer erzählt die Geschichte eines Fortschritts, der ohne Moral nicht möglich gewesen wäre. Mit seiner Geschichte der Moral liefert er Einsichten, die auch Licht auf die Gegenwart und ihre polarisierenden identitätspolitischen Debatten werfen. In dieser Gegenwart verbinden sich die Hauptelemente der Geschichte der Moral zu einer toxischen Mischung, so Sauer. Mit seinem Sachbuch ist Hanno Sauer für den Deutschen Sachbuchpreis 2023 nominiert.
Wie gefährlich ist der Linksextremismus in Ostdeutschland? - Gespräch mit Antonie Rietzschel
Die junge linke Gewalttäterin Lina E. hat am 31. Mai das Urteil des Oberlandesgerichts in Dresden entgegen genommen: Fünf Jahren und drei Monate Haft wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung. Lina E. und weitere Angeklagte verfolgten das Ziel, Rechtsextreme und solche, die sie dafür hielten, so schwer zu verletzen, dass diese von ihrer Gesinnung ablassen. Nach der Urteilsverkündung war es in Leipzig und anderen Städten zu gewalttätigen Auseinandersetzungen von Sympathisanten Lina E.s und der Polizei gekommen. Es seien Flaschen, Steine und Pyrotechnik in Richtung der Einsatzkräfte geworfen worden. Auch gab es laut Polizei Fälle von Körperverletzung. Wir sprechen mit der Journalistin Antonie Rietzschel über den Fall. Sie hat für die "Leipziger Volkszeitung" den Prozess und die anschließenden Proteste und Ausschreitungen in Leipzig mitverfolgt.
Berliner Uferhallen in Gefahr
Seit über 15 Jahren bieten die Uferhallen im Wedding mehr als 100 Künstlerinnen und Künstlern Arbeits- und teils auch Lebensraum. Dank erschwinglicher Mieten hat sich auf dem knapp 20.000 Quadratmeter großen Gelände mit 80 Ateliers und Atelierwohnungen ein einzigartiger Kulturstandort entwickelt, der auch über den Wedding hinaus eine große Anziehungskraft auf die Kreativszene ausübt. Der Ruf Berlins als Kunstmetropole gründet sich auch auf solche außergewöhnlichen Orte. 2017 erwarb eine Immobilienfirma das Gelände, auf dem früher die BVG ihre Busse instand hielt. 2017 erwarb ein Investor die Mehrheit der Anteile an den Uferhallen und sagte den Künstlerinnen auf dem Gelände zunächst ein Bleiberecht zu, da man niemanden verdrängen wolle. Der Standort sollte einer kulturellen Nutzung dienen. Doch nun schlagen die Kunstschaffenden Alarm und weisen auf eine ungewisse Zukunft hin. In einem offenen Brief Anfang Mai heißt es: "Nach einem fünfjährigen Marathon mit zähen Verhandlungen – verbunden mit einem Auf und Ab von Hoffnungen und Enttäuschungen – steht der Kulturstandort Uferhallen vor dem drohenden Aus. Wenn keine sofortige Lösung gefunden wird, befürchten die ansässigen Künstler*innen ab Ende Mai die ersten Kündigungen." Wir haben nachgefragt.
Kulturförderpreis der Deutschen Wirtschaft
Der Kulturkreis der deutschen Wirtschaft und seine Partner verleihen jährlich den Deutschen Kulturförderpreis. 2023 wird der Preis erstmals nicht nach Unternehmensgröße vergeben. Wir stellen die Gewinner vor.
Zoom In: Matthew Herbert
Der britische Musiker und Produzent Matthew Herbert ist einer der genialsten Künstler unserer Zeit. Vor 30 Jahren hat er noch elektronischen Pop gemacht, aber er stieß schnell an Grenzen, die er gerne überschritt. Sein Projekt "One Club" bestand ausschließlich aus Samples, die im Offenbacher Club "Robert Johnson" entstanden waren. Am radikalsten jedoch war sein 2011 erschienenes Album "One Pig". Matthew Herbert hat das (kurze) Leben eines Schweins von der Geburt über die Schlachtung und die Verarbeitung zu Wurst bis zum Verzehr mit Aufnahmegerät und Mikrofon begleitet und aus den Sounds Musik gemacht. Für das neue Album "The Horse" hat er sich bei Ebay ein ganzes Pferdeskelett gekauft. Vivian Perkovic hat mit dem Musiker gesprochen.