Kultur
"Kulturzeit" vom 11.12.2024: Iranisches Familiendrama geht ins Oscarrennen
Die Themen der Sendung: "Die Saat des Heiligen Feigenbaums", Weimarer Republik, Rundfunkbeitrag, Thomas Strässle zu "Kaltes Krematorium", Rachel Ruysch.
- Produktionsland und -jahr:
- Deutschland 2024
- Datum:
- Verfügbar
- weltweit
- Verfügbar bis:
- bis 11.03.2025
Die Themen der Sendung:
Der deutsche Oscar-Beitrag "Die Saat des heiligen Feigenbaums" von Mohammad Rasouloff
Im Jahr 2025 könnte der Oscar für den besten fremdsprachigen Film an "Die Saat des heiligen Feigenbaums" von Regisseur Mohammad Rasouloff gehen. Dass der iranische Regisseur für Deutschland ins Rennen geht, liegt an seinem engagierten deutschen Produzenten Mani Tilgner, es ist tatsächlich ein deutscher Film. Und ein ganz großartiger. Ein Politthriller, dem es gelingt, die Unterdrückung der Opposition im Iran auf besondere Weise in den Blick zu nehmen. Die politische Gesamtlage spiegelt sich, sozusagen en miniature beispielhaft im Leben einer Kleinfamilie. Es ist die Familie eines Täters.
Iman ist die Karriereleiter emporgeklettert, er wurde zum Untersuchungsrichter am Revolutionsgericht berufen und soll jetzt Todesurteile gegen Oppositionelle unterschreiben – und zwar ohne die Akten überhaupt zu lesen. Belohnt wird er mit einer neuen Wohnung und einem höheren Gehalt. Erneut beschäftigt sich Regisseur Rasouloff mit dem Bösen und dessen Banalität. Denn dieser Iman ist ein liebevoller Familienvater, der sukzessive immer tiefer hineingerät in die Schuldspirale. Als draußen die Proteste nach dem Tod von Masha Amini ausbrechen, sind sie beiden Töchter auf der Seite der Demonstranten. Hier hat Rasouloff dokumentarische Bilder der Gewalt gegen die Proteste in seinen Film eingearbeitet, ganz nah an der Realität und hochgradig emotional. Rasouloff gelingt es ganz meisterhaft, die tiefe Kluft innerhalb der iranischen Gesellschaft so beklemmend wie berührend einzufangen. Und er hat viel riskiert für seinen Film. Noch bevor der fertig war, wurde Rasouloff der Pass abgenommen, er selbst angeklagt. Acht Jahre Gefängnis standen im Raum. In letzter Minute konnte er sich – zu Fuß über eine Bergroute – bis nach Deutschland durchschlagen. In Cannes hat der Film die Kritiker regelrecht umgehauen, er bekam den großen Preis der Jury.
Die Entscheidung - Jens Bisky über den Untergang der Weimarer Republik
Bis heute gilt das Ende der Weimarer Republik als Modellfall politischer Katastrophen. An Warnungen fehlte es nicht. Aber was genau waren die kleinen und großen Entscheidungen, die zum Zerfall der demokratischen Republik führten? Die Fehlentscheidungen und verpassten Chancen. In einem großen historischen Panorama schildert der Autor Jens Bisky die Jahre 1929 bis 1934, versucht das Endspiel zu verstehen und lässt zahlreiche Zeitgenossen zu Wort kommen. Wussten sie, was sie taten? Und welche Lehren können wir heute aus dieser Zeit ziehen? Wir haben Jens Bisky in Berlin getroffen und über sein Buch "Die Entscheidung" gesprochen.
Ringen um den Rundfunkbeitrag
Auf der letzten Ministerpräsidentenkonferenz Ende Oktober fand die von der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs empfohlene Beitragserhöhung zum 1. Januar 2025 von monatlich 58 Cent keine Zustimmung. Dabei ist die Umsetzung der KEF-Empfehlung keine politische Entscheidung, sondern rechtlich weitgehend bindend. Die Folge: Eine Verfassungsbeschwerde von ARD und ZDF. Nach einer Blockade der Beitragserhöhung durch Sachsen-Anhalt im Jahr 2020 hatten ARD und ZDF schon einmal erfolgreich eine Verfassungsbeschwerde eingereicht. Ein legitimes Procedere. In der Hoffnung, dass Verfassungsbeschwerden der öffentlichen-rechtlichen Anstalten in Zukunft überflüssig werden, hat die Rundfunkkommission nun ein neues Finanzierungsmodell entworfen, das sogenannte Widerspruchsmodell. Ob es am 12. Dezember beschlossen wird – und ob es überhaupt den politischen Streit entschärfen kann, bleibt offen.
Literaturgespräch mit Thomas Strässle zu "Kaltes Krematorium" von József Debreczeni
Auschwitz: der größte Gefangenenlager-Komplex zu Zeiten des Nationalsozialismus. Dorthin wurde 1944 der ungarisch-jüdische Journalist und Dichter Jószef Debreczeni deportiert. Er überlebte ein albtraumhaftes Jahr. Letzte Station: Kranken-Lager Dörnhau, genannt das "Kalte Krematorium". Sein "Bericht aus dem Land namens Auschwitz" wurde erstmals 1950 in Ungarn publiziert. Nach mehr als 70 Jahren wurde er nun wiederentdeckt und ins Deutsche übersetzt. Wir sprechen mit dem Litertaurkritiker und Autor Thomas Strässle über das Buch.
Stillleben-Star des Barock: Rachel Ruysch
Nein, Rachel Ruysch gehört nicht zur Gruppe jener Künstlerinnen, die spät oder nie die Würdigung erfahren, die sie verdienen. Die niederländische Stillleben-Malerin war schon zu Lebzeiten ein Star der Malerei, eine eigene Marke. Ihre sinnlichen Blumen-Stillleben schmückten in ganz Europa die Wände herzoglicher Schlösser und großbürgerlicher Wohnungen. Die Alte Pinakothek in München zeigt nun erstmals eine umfassende Retrospektive ihres Schaffens.