Kultur
"Kulturzeit" vom 18.11.2024: Putin und die zerstrittene Opposition
Die Themen der Sendung: Russische Opposition, Russland, Putin und Trump - Gespräch mit Christopher Steele, Vladimir Schklyarov, Zeitverschwendung, Kirchner, FAUST-Preis, Surrealismus.
- Produktionsland und -jahr:
- Deutschland 2024
- Datum:
- Verfügbar
- weltweit
- Verfügbar bis:
- bis 02.03.2025
Die Themen der Sendung:
Protest gegen Putins Politik mit Julia Nawalnaja in Berlin
Weit mehr als tausend Menschen haben am 18. November in Berlin gegen Kremlchef Wladimir Putin und den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine demonstriert. Viele Demonstranten gehörten zur russischen Opposition im Exil. Unter ihnen waren auch bekannte Vertreter wie die Menschenrechtsaktivistin Julia Nawalnaja, Witwe des russischen Oppositionsführers und Dissidenten Alexej Nawalny. Außerdem kamen die Oppositionspolitiker Ilja Jaschin und Wladimir Wladimirowitsch Kara-Mursa. Die Protestdemonstration hieß "Nein zu Putin. Nein zum Krieg in der Ukraine. Freiheit für politische Gefangene". Die Demonstranten zogen vom Potsdamer Platz zum Boulevard Unter den Linden. Die Polizei sprach von einer Teilnehmerzahl im unteren vierstelligen Bereich.
Sturz vom Balkon: Balletttänzer Vladimir Schklyarov ist tot
Der einst auch am Staatsballett in München gefeierte Solist Vladimir Schklyarov ist in St. Petersburg nach einem Sturz vom Balkon gestorben. Der Publikumsliebling sei auf "tragische Weise" ums Leben gekommen, teilte das weltberühmte Mariinski-Theater in St. Petersburg mit. "Dies ist ein großer Verlust nicht nur für das Ensemble des Theaters, sondern für die gesamte Ballettkunst von heute", hieß es in einer Mitteilung zum Tod des 39-Jährigen. Schklyarov habe sein grenzenloses Talent 20 Jahre lang dem Mariinski-Ballett geschenkt. Er war laut russischen Medien 2016 bis 2017 auch am Bayerischen Staatsballett engagiert und gastierte danach noch in München.
Russland, Putin, Trump - Gespräch mit Christopher Steele
Donald Trump und Wladimir Putin sollen eine engere Verbindung haben, als sie öffentlich zugeben. Das behauptet Christopher Steele und legte sich mit gleich zwei Präsidenten an. Für den britischen Auslandsgeheimdienst MI 6 war Steele Agent, viele Jahre, zuständig auch für Russland. Nach seinem Ausscheiden gründete er eine eigene, private Firma für geheimdienstliche Tätigkeiten. Für sie verfasste der frühere Spion eine Reihe von brisanten Berichten über den damaligen Präsidentschaftskandidaten Trump und seine Beziehungen zu Moskau. Und die sorgten für Aufsehen. Bekannt wurden diese Berichte als sogenannte Steele-Dossiers. Einige der darin enthaltenen Schilderungen haben sich inzwischen als wahr erwiesen. Bei anderen bestehen erhebliche Zweifel. Wir sprechen mit Christopher Steele,
"Zeitverschwendung - Gammeln, Warten, Driften in Film und Literatur"
Was ist Zeitverschwendung? Vergeudet sein Leben, wer wartet oder streamt oder einfach nur gammelt? In Betrachtung dieser Fragen ist die Münchener Medienwissenschaftlerin Michaela Krützen dem Verhalten berühmter Figuren aus Film und Literatur nachgegangen - von Marie-Antoinette bis zu Betty Draper aus "Mad Man", von Hans Castorp aus dem Mannschen "Zauberberg" bis hin zu Brad Easton Ellis "American Psycho". Die tausend Seiten von Michaela Krützens führen direkt in eine der zentralen Fragen unserer Daseins: Wie verbringen wir Zeit? Wie definieren wir Sinnhaftigkeit?
Verschollenes Kirchner-Gemälde "Tanz im Varieté"
Ernst Ludwig Kirchner malt das Bild "Tanz im Varieté" 1911 in Dresden. Es zeigt einen Cakewalk - ein Tanz mit Ursprung in den USA. "Sklaven und Sklavinnen haben sich über die weiße Herrschaft lustig gemacht. Sie haben sie nachgeäfft - ihre steifen Bewegungen, ungelenke Art und Weise. Und dann gab es solche Tanzevents, bei denen der beste Tänzer ein Stück Kuchen gewonnen hat", erklärt Géraldine Meyer, Kuratorin Stiftung Im Obersteg. Der Cakewalk wird zum Modetanz und kommt auch nach Europa. Kirchner sieht ihn in einem Variete und malt das Bild. Dieses hängt später in seinem Haus in Davos. Danach verlieren sich die Spuren des Bildes. Nun ist es nach rund 100 Jahren in einer deutschen Privatsammlung aufgetaucht - und die Basler Stiftung Im Obersteg hat es im Sommer für sieben Millionen Euro ersteigert. Eine Recherche hat ergeben: Während des Zweiten Weltkriegs wurde das Bild in einer Kiste auf einem Bauernhof versteckt, denn Kirchner galt als entartete Kunst. Französische Soldaten öffneten die Kiste und beschädigten das Bild, indem sie darauf schossen und einstachen. "Das Bild hat jetzt also einen Schuss und einen Stich", erklärt Hans Furer, Geschäftsführer Stiftung Im Obersteg. Das Kunstmuseum Basel restauriert nun im Auftrag der Stiftung das Bild. Die Restaurierung dauert rund sechs Monate. Danach wird das Bild als Leihgabe im Kunstmuseum Basel ausgestellt.
Der FAUST-Theaterpreis
Für ihr Lebenswerk ist die Theaterdirektorin Nele Hertling beim Deutschen Theaterpreis "Der Faust 2024" geehrt worden. "Nehmt das Theater ernst!", appellierte Hertling an die Politik und sprach sich gegen Kürzungen bei Kulturmitteln aus. "Wir brauchen das Theater in all seinen vielseitigen Facetten und Strukturen", sagte die Dramaturgin und Kuratorin bei der Preisverleihung im Theater Altenburg Gera im ostthüringischen Gera. Die 90-jährige Hertling gilt als prägende Persönlichkeit der Theaterlandschaft. Sie gründete das internationale Performance-Festival "Pantomime Musik Tanz Theater", und später das große Tanzfestival "Tanz im August". Sie gestaltete das Programm Kulturhauptstadt Europas 1988 in Berlin. Von 1989 bis 2003 war sie Intendantin des Berliner Hebbel-Theaters. Seit 2017 ist sie Direktorin der Sektion Darstellende Kunst bei der Akademie der Künste.
Der Perspektivpreis der Länder für zukunftsweisende Projekte ging an den Theaterjugendclub des thüringischen Theaters Nordhausen/Loh-Orchester Sondershausen. In zwölf weiteren Kategorien wurde der Preis vergeben, darunter an Tobias Weishaupt vom Theater Altenburg Gera. Der 43-jährige Puppenspieler erhielt den Preis in der Kategorie "Darsteller Theater für junges Publikum" für seine Leistung in der Puppentheaterinszenierung "Mein ziemlich seltsamer Freund Walter".
Weitere Preisträger sind: Zarina Stahnke (Darsteller*in Tanz), Anna Drexler (Darsteller*in Schauspiel), Asmik Grigorian (Darsteller*in Musiktheater), Imre und Marne van Opstal (Inszenierung Tanz), Joanna Lewicka (Inszenierung Schauspiel), Ingo Kerkhof (Inszenierung Musiktheater), Frederic Lilje (Inszenierung Theater für junges Publikum), Lorenz Vetter, Signa Köstler, Tristan Kold (Raum), sowie Lubomir Grzelak, Maximilian Kraußmüller, Eugenijus Sabaliauskas, Jakub Lech, Daphne Chatzopoulos, Johanna Seggelke, Paula Tschira, Lukasz Twarkowski (Ton & Medien), Luisa Wandschneider (Kostüm), Bassam Ghazi, Birgit Lengers und Ensemble (Genrespringer).
Surrealismus und Antifaschismus
"Am besten, man schließt ein Auge und schaut damit nach innen. Das andere Auge ist dabei auf die Wirklichkeit gerichtet." So treffend, wie Max Ernst, hat niemand den Surrealismus beschrieben. Die Verschmelzung von Traum und Wirklichkeit. So fantastisch die Surrealisten in ihren Werken waren, so hochpolitisch waren sie im Privaten, das zeigt nun eine Ausstellung im Lenbachhaus. Sie kämpften gegen den Faschismus mit politischen Aktionen, genauso, wie mit Bildern und Gedichten. Surrealismus ist keine Epoche, sondern eine Haltung – und die ist aktueller denn je. Die Ausstellung "Aber hier leben? Nein, danke. Surrealismus und Antifaschismus" ist noch bis zum 2. März 2025 im Kunstbau Lenbachhaus in München zu sehen.