Kultur
"Kulturzeit" vom 18.09.2024: KI: Wie gefährlich ist die Liebe zum Chatbot?
Die Themen der Sendung: Mit KI gegen die Einsamkeit, Ist die Demokratie in der Krise?, Literaturgespräch zu "Die Mandarins von Paris", Film "The Substance", die ukrainische Sängerin Diana Oganesyan, Studenten-Oscar für "Kruste".
- Produktionsland und -jahr:
- Deutschland 2024
- Datum:
- Verfügbar
- weltweit
- Verfügbar bis:
- bis 18.12.2024
Die Themen der Sendung:
Mensch liebt Maschine - Mit KI gegen die Einsamkeit
Ein Leben ohne KI ist kaum noch denkbar, Chatbots gehören für viele zum Alltag. Und: Immer mehr Menschen finden in Chatbots sogar einen Lebenscoach, eine beste Freundin oder gar einen Partner – jemanden, dem sie sich anvertrauen. Dass immer mehr Menschen empfänglich für digitale Begleiter sind – darüber sind sich viele Wissenschaftler einig – liegt auch an zunehmender Vereinzelung und Isolation in unseren globalisierten und technologisierten Gesellschaften. Die WHO spricht gar von einer "Epidemie der Einsamkeit" und nennt die Vereinsamung ein Gesundheitsrisiko, das dem Rauchen von 15 Zigaretten pro Tag gleichkomme.
Chatbots füllen also eine Lücke im Leben mancher. Doch, so warnen die MIT-Forscher, ihre Nutzung berge auch enorme Risiken. Unter anderem, weil sie süchtig machen: Durch ihre Programmierung als lernende Systeme bilden sie mit der Zeit personalisierte Echokammern der Bestätigung, die die uns bislang bekannten Social-Media-Echokammern in ihrer Wirkmacht weit übersteigen. Nutzen Menschen KI-Begleiter als Ersatz für reale Beziehungen, könne das letztlich zu einer Verkümmerung sozialer Fähigkeiten führen. Mit langfristigen Folgen auch für die gesamte Gesellschaft, die bislang nur zu erahnen sind. Experten fordern, dass jetzt schnellstmöglich und umfassend Gesetze zur Regulierung geschaffen werden.
Ist die Demokratie in der Krise? Thomas Köcks Polittagebuch beim steirischen Herbst
Der 38-jährige österreichische Autor Thomas Köck gehört zu den meist gespielten Dramatikern seiner Generation. Es sind vor allem die politisch brisanten Themen seiner Stücke, für die er mit Preisen überhäuft wird: Flüchtlingsströme, Rohstoffausbeutung, Klimakatastrophe – Köck verhandelt das ganze Krisenaufgebot unserer Zeit. In "Chronik der laufenden Entgleisungen" nimmt sich Köck die politische Stimmung innerhalb seiner österreichischen Heimat vor. Ein Jahr lang, von 5. Juni 2023 bis 4. Juni 2024, hat er die österreichische Innenpolitik akribisch verfolgt. Mit analytischem Scharfsinn und bissiger Ironie kommentiert Köck die tägliche Flut an Verbalattacken auf die Demokratie und stätiger sprachlicher Grenzüberschreitung. Unter dem Titel "Chronik der laufenden Entgleisungen. Austria revisited" feiert seine Buchführung nun im Rahmen des steirischen herbstes Uraufführung. Der Text ist initiativ als Auftragswerk des Schauspielhaus Graz und des Schauspielhaus Wien entstanden. Schauspieler und Schauspielerinnen beider Ensembles werden in Graz und Wien gemeinsam auf der Bühne stehen und die innenpolitische Lage Österreichs beleuchten.
Literaturgespräch mit Andreas Isenschmid zu Simone de Beauvoirs "Die Mandarins von Paris"
Die Mandarins von Paris beobachten, bewerten die Ereignisse: Linke Intellektuelle, für die Literatur und Politik Hand in Hand gehen, für die Worte eine Bedeutung haben. Wie die privilegierten kaiserlichen Beamten in China, die Mandarine, leben auch sie in ihrer eigenen Welt. Simone de Beauvoir gehört dazu. Ihre Figuren sind fiktiv, ihre Vorbilder aber leicht erkennbar. 1954 gewinnt sie mit "Die Mandarins von Paris" und für Ihre Auseinandersetzung mit der jüngsten Geschichte den Prix Goncourt: Waren Gut und Böse unter der deutschen Besatzung klar auszumachen, verschwimmen die Grenzen im Nachkriegschaos. Alles ist im Umbruch. Wie können die Menschen den Hass auf landeseigene Kollaborateure überwinden? Wohin soll Charles de Gaulle Frankreich lenken – in Richtung USA oder Sowjetunion? Darf die "freie Linke" mit dem Kommunismus sympathisieren? Dürfen die Verbrechen Stalins verschwiegen werden, um eigene Ideale nicht zu gefährden? Was ist richtig, was falsch?, ist die Kernfrage des Romans. Als prägende Köpfe des Existentialismus versucht das Paar Simone de Beauvoir/Jean Paul Sartre sie zu beantworten. Für die Gesellschaft aber auch für das Individuum. Neu übersetzt von Claudia Marquart und Amelie Thoma legt das Buch den klaren Blick Simone de Beauvoirs offen. Nicht zuletzt hinterfragt sie auch die Kraft der Kultur in schwierigen Zeiten, reflektiert über Macht und Ohnmacht des Wortes. Wir sprechen mit dem Literaturkritiker Andreas Isenschmid über das 1000-Seiten-Werk und seine Neuübersetzung.
The Substance - Das Comeback von Hollywood-Ikone Demi Moore
Elisabeth Sparkle (Demi Moore) ist eine Schauspielerin, die ihre besten Jahre bereits hinter sich hat. Nachdem sie von ihrem Produzenten gefeuert wird und aufgrund ihres Alters keine neuen Rollen mehr bekommt, gerät sie in eine Abwärtsspirale - bis ihr eine rätselhafte Substanz angeboten wird, ein Wundermittel, mit dem sie sich vorübergehend in eine jüngere Version ihrer selbst verwandeln kann. Ein origineller, dezent feministischer Body Horror Film - Hollywood-Star Demi Moore spielt ihre Rolle mit Witz und Selbstironie. Wir haben mit Demi Moore gesprochen.
Diana Oganesyan - Gesang zu Sirenen
Auf ihrem Nachhauseweg wurde die ukrainische Sängerin Diana Oganesyan vom Luftalarm überrascht - und fing an zu singen. Mit ihrer Stimme ringt sie dem schrillen Klang der Sirenen eine magische Harmonie ab. "Harmonizing with the Air Siren in Ukraine" nennt die 28-Jährige das und wurde damit innerhalb kürzester Zeit zur Berühmtheit: Mehr als sechs Millionen Menschen hat sie mit ihrem kurzen Selfie-Video, das sie im August auf Instagram hochgeladen hatte, berührt.
Studenten-Oscar für Jens Kevin Georgs 3sat-Kurzfilm "Kruste"
Der deutsche Regisseur Jens Kevin Georg (30) ist einer der Gewinner bei den Studenten-Oscars 2024. Der Absolvent der Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf in Potsdam, der in der Nähe von Gummersbach (Nordrhein-Westfalen) lebt, holte den begehrten Preis mit seinem Kurzfilm "Kruste". Die Oscar-Akademie in Los Angeles gab die Preisträger der 51. Auflage des Studenten-Wettbewerbs am 18. September bekannt. Ausgezeichnet wurden zwölf Filme von Nachwuchsregisseuren. In diesem Jahr waren 2683 Beiträge von über 700 Studieneinrichtungen aus aller Welt eingegangen.