Kultur
"Kulturzeit" vom 15.12.2023: Nach dem Attentat - Rechtsruck in Irland
Die Themen der Sendung: Rechtsruck in Irland, Gespräch mit Masha Gessen, Patriks Baab "Auf beiden Seiten der Front", Kulturmeile für Frankfurt, Comicbuchtipps.
- Produktionsland und -jahr:
- Deutschland 2023
- Datum:
- Verfügbar
- weltweit
- Verfügbar bis:
- bis 15.12.2025
Die Themen der Sendung:
Nach dem Attentat in Dublin - Rechtsruck in Irland
Brennende Kaufhäuser und Verwüstungen eines rechten Mobs Ende November in Dublin. Gewalt-Eskalationen, nachdem ein irischer Mann algerischer Abstammung wahllos auf Kinder eingestochen hatte. Der frisch gekürte irische Booker-Preis-Gewinner Paul Lynch konstatierte bei seiner Preisrede stetig zunehmende Spannungen in Irlands Gesellschaft, die noch vor nicht allzu langer Zeit für ihre Willkommenskultur gegenüber Einwanderern gefeiert wurde. Investigative Journalisten wie Stephen McDermott beobachten mit Sorge, wie sich Irlands extreme Rechte, die auch Sinn Fein zu "linken" Verrätern erklärt hat, seit einem Jahr immer mehr radikalisiert und den Einwanderern die Schuld an der sozialen Misere gibt. Zehntausende Flüchtlinge aus der Ukraine und Asylsuchende werden mangels Wohnraum in einem völlig deregulierten freien Wohnungsmarkt von der Regierung in Hotels und anderen sozialen Einrichtungen untergebracht. Das bietet der Rechten Zündstoff. Die Probleme aber haben tiefere Ursachen – überteuerte Mieten infolge des Zuzugs der Tech-Giganten und Zehntausender gut bezahlter Angestellter in das Steueroasenland Irland haben das Leben für die untere Mittelschicht unerschwinglich gemacht. Ist der Rechtsruck auch in Irland damit unausweichlich?
Umstrittene Verleihung des Hannah-Arendt-Preises - Gespräch mit Masha Gessen
Die umstrittene Verleihung des Hannah-Arendt-Preises für politisches Denken an Masha Gessen soll verschoben werden. Die für den 15. Dezember geplante Veranstaltung fällt aus und soll einen Tag später in einem kleineren Rahmen stattfinden, wie ein Sprecher des Trägervereins bestätigte. Der Verein reagiere damit auf den Rückzug der Heinrich-Böll-Stiftungen aus Bund und Land Bremen von der Verleihung im Bremer Senat. Kritisiert werden Äußerungen in einem Artikel im US-amerikanischen Magazin "The New Yorker", mit denen Gessen die Situation in Gaza mit den jüdischen Ghettos im besetzten Europa verglichen haben soll. Dies sei kein Angebot zur offenen Diskussion und helfe nicht, den Konflikt im Nahen Osten zu verstehen. "Diese Aussage ist für uns nicht akzeptabel und wir weisen sie zurück", hieß es in der Mitteilung der Böll-Stiftungen. Zuvor hatte die Deutsch-Israelische Gesellschaft (DIG) Bremen Bedenken geäußert und den Vergleich als befremdlich bezeichnet. Auch Bremens stellvertretender Regierungschef Björn Fecker distanzierte sich. "Das ist ein unsäglicher Vergleich, der eine rote Linie überschreitet", teilte der Grünen-Politiker mit.
Der Hannah-Arendt-Preis für politisches Denken wurde 1994 gestiftet. Die Auszeichnung soll Menschen ehren, die in der Tradition Arendts zu öffentlichem politischem Denken und Handeln beitragen. Über die Vergabe entscheidet den Angaben nach eine unabhängige, internationale Jury. Das Preisgeld von 10.000 Euro wird von der Heinrich-Böll-Stiftung und dem Senat der Freien Hansestadt Bremen gestiftet. Nach dem Rückzug der Stiftungen habe die Verwaltung des Bremer Rathauses die Erlaubnis zur Benutzung der Oberen Rathaushalle zurückgezogen, schrieb der Trägerverein. "Wir nehmen dies bedauernd zur Kenntnis", hieß es.
Patrik Baab "Auf beiden Seiten der Front. Meine Reisen in die Ukraine"
Andrang vor dem städtischen Theater im sächsischen Kamenz: Hier stellt der Journalist Patrick Baab sein Buch "Auf beiden Seiten der Front" vor. Das Buch wirbt damit, die wahre Geschichte der Ukraine zu erzählen. Fast sein ganzes Berufsleben hat Patrik Baab als Fernsehjournalist beim Norddeutschen Rundfunk gearbeitet, unter anderem als Autor einer Dokumentation über den toten Ministerpräsidenten Uwe Barschel. Heute veröffentlicht Baab seine Filme auf dem prorussischen Portal Druschba FM und tritt mit einem prorussischen Aktivisten auf. Wir haben sowohl mit Baabs Kritikern als auch dem Kamenzer Bürgermeister gesprochen, der den Autor zur Buchvorstellung eingeladen hat. Baab selbst wollte nicht vor die Kamera und hat uns gegenüber nur schriftlich Auskunft über die Thesen seines Buchs gegeben.
Der Beitrag wurde am 12. Januar 2024 in einer leicht überarbeiteten Fassung erneut publiziert (s. Korrekturenseite)
Frankfurt am Main will "Kulturmeile" für Oper und Theater
Die Frankfurter Oper soll am derzeitigen Standort neu errichtet werden, das Schauspiel wenige hundert Meter entfernt im Bankenviertel neu gebaut werden. Die Stadtverordneten haben am 14. Dezember dem entsprechenden Vorschlag des Magistrats zugestimmt. Die Stadt Frankfurt hofft darauf, dass sich Land und Bund an den Kosten für den Neubau der Städtischen Bühnen beteiligen. Die Baukosten werden auf 1,3 Milliarden Euro geschätzt. Dazu kommen Kosten für das Grundstück von mindestens 35 Millionen Euro. Der Magistrat wurde beauftragt, einen Pachtvertrag für das Grundstück auszuhandeln.
Über die Zukunft der Städtischen Bühnen diskutiert Frankfurt schon mindestens 15 Jahre. Die gläserne Doppelanlage am Willy-Brandt-Platz ist baufällig und nicht zu retten - das haben diverse Untersuchungen seit 2017 klar belegt. 2020 beschlossen die Stadtverordneten den Abriss. Oper und Schauspiel sollen künftig getrennte Gebäude bekommen - die Frage war aber, wo diese Neubauten hin sollen. Mit einem schnellen Baubeginn ist nicht zu rechnen. Das Bankgebäude kann frühestens 2027 abgerissen werden. Sind die Standorte gesichert, muss erst ein Architekturwettbewerb ausgelobt werden. Eine finale Entscheidung steht allerdings noch aus. Sie soll 2024 fallen, wenn der Erbpachtvertrag vorliegt.