Kultur
Putin und der totale Krieg - Goebbels Sportpalastrede reloaded
Der Ukraine-Krieg ist für Putin zur Obsession geworden - denn seine Macht braucht den Sieg, um sich zu legitimieren. Befeuert von einer Propaganda, die das Volk glauben lässt, es gehe um etwas, das größer ist als das eigene Leben. Eine Propaganda im Stile von Joseph Goebbels.
- Datum:
- Verfügbar
- weltweit
- Verfügbar bis:
- bis 20.02.2025
"Das haben alle Diktatoren perfekt seit Jahrhunderten gemacht", sagt der Schriftsteller Michail Schischkin. "Leute glauben, ihre Heimat zu verteidigen. Vor den Feinden, vor den Faschisten. In Wirklichkeit verteidigen Sie das kriminelle Putinsche Regime." Michail Schischkin wurde einst in Russland als wichtigster Gegenwartsautor gefeiert, heute gilt er dort als "Verräter". Der Autor von "Frieden oder Krieg", der heute in der Schweiz lebt, will wachrütteln. Er zieht Parallelen zwischen Russland und Nazi-Deutschland. "Der ganze Hass von Hitler galt Juden, das war seine Obsession. Der ganze Hass von Putin gilt Ukrainern. Viele Leute verstehen nicht, wie Putin und seine Macht und seine Diktatur funktionieren. Deshalb muss man die Struktur zeigen. Und diese Struktur dieser Putinschen kriminellen Diktatur ist die gleiche wie bei Hitler."
Hitler habe es geschafft, das deutsche Volk seelisch zu verseuchen, Putin habe dies mit seinem Volk getan, so Schischkin. Mit einer Propaganda in Goebbels Stil - nur dass heute Moderatoren wie Wladimir Solowjow diese im Staatsfernsehen präsentierten. Entmenschlichung und Enthemmung - auf allen Kanälen. Solowjow sei der russische Goebbels von heute, meint Schischkin. "Er versteht, wenn Russland verliert hat er keine keine Chance zu überleben. Deshalb versucht die Propaganda, versuchen alle Leute um Putin herum diesen Krieg so total wie möglich zu machen." "Der totale Krieg" - ein Begriff, den Joseph Göbbels geprägt hat. Mit dieser Forderung meint der Propagandaminister Hitlers den Lauf des Zweiten Weltkrieges verändern zu können. 1943 erleidet Deutschland in Stalingrad eine Niederlage. Das Regime befindet sich in seiner größten Krise. Am 18. Februar beschwört Goebbels im Berliner Sportpalast vor 15.000 handverlesenen Besuchern eine totale Kriegsführung, der sich alles unterordnen soll. "Göbbels versuchte die Situation zu nutzen, um sich weiter an die Spitze des Regimes vorzuarbeite", sagt der Historiker Peter Longerich. "Er wollte die Verantwortung für die gesamte innere Kriegsführung übernehmen. Und diese Rede war ein wichtiger Bestandteil seiner Strategie, sozusagen diejenigen, die in der Führung noch zögerten, mitzureißen und ihnen zu signalisieren: Das Volk will ja den totalen Krieg. Für den Historiker Longerich ist die Sportpalastrede ein Beispiel dafür, wie Propaganda stets den eigenen Machthunger als Volkswillen verkauft. Sein neues Buch "Die Sportpalastrede 1943" legt zentrale Motive dieser Propaganda offen. Die Selbststilisierung als Opfer mächtiger Feinde, denen man in historischer Mission entgegentritt.