Wissen

Apokalypse oder Wandel?!

Dieses Buch ist eine Zumutung. Es macht mir Angst. All die schlechten Nachrichten über die Zustände auf unserem Planeten, die wir jeden Tag hören, sehen und lesen können, werden hier getoppt. Und doch: es ist unbedingt lesenswert!

Können wir das schaffen?

Der Autor macht ein Schreckensszenario auf, wie es schlimmer kaum sein könnte. Und erklärt, dass genau dies einträfe, wenn die Menschheit nicht binnen der nächsten 20 (!) Jahre eine Kehrtwende hinkriegt. Und zwar eine radikale. Heute, so Graeme Maxton, steuere die Menschheit geradewegs auf eine Katastrophe zu. "Ob die Menschheit auch nur in annähernd ähnlicher Form überleben kann, hängt davon ab, was wir in den nächsten 20 Jahren tun." Wir hätten gerade noch zwanzig Jahre Zeit "um die destruktiven Elemente unserer Wirtschaftssysteme abzubauen." Peng, das sitzt. Er rüttelt an allen Grundfesten, an allen Überzeugungen, an allen Hoffnungen, die wir Menschen in Zeiten des selbstgemachten Klimawandels haben können.

"Zwei Grad Erderwärmung würden uns 10 Millionen Jahre, vier Grad ganze 40 Millionen Jahre in der Klimageschichte zurückwerfen. Dies hätte gravierende Veränderungen zur Folge, die die Existenz der Menschheit und vieler anderer Lebewesen in Frage stellen." Graeme Maxton

Wer ist das denn, der uns derart bedrängt? "Ich bin keiner, der sich an Bäume kettet, nackt durch die Gegend radelt oder vegane Würstchen mag." So beginnt Autor Graeme Maxton sein Vorwort. Und kommt schnell zur Sache: Die Menschheit müsse aufhören, die Erde zu zerstören. Und zwar sofort. Damit hat er meine Neugierde geweckt. Denn, wie soll das gehen - sofort? Was dann folgt, ist hart. Nichts für schwache Nerven. Maxton, ganz Brite, schreibt, es sei nicht gerade aufmunternd, es könne deprimieren, sich mit den Klimaveränderungen auseinanderzusetzen. Aber er will seine Leser nicht fertig machen, er hoffe, sie zum Handeln anzuregen.

Er beantwortet, was "geschieht, wenn die Menschheit weiter nichts unternimmt und sich nicht ändert". Wir erfahren von negativen Rückkopplungsprozessen, die der Mensch durch sein Leben auf zu großem Fuß in der Zeit seit der Industrialisierung verursacht hat. Da sind die Treibhausgase und ihre globalen Auswirkungen. Da ist der fossile Energie-Sektor, dessen Wirken fatal ist. Maxton räumt jegliche Zweifel aus, dass alles vielleicht doch weniger schlimm werden könnte. Und er versucht Antworten zu finden: auf die Fragen, was das alles für den Einzelnen, aber auch für die Menschheit bedeutet. Denn, das ist klar, der ökologische Fußabdruck der Menschheit muss sich enorm verringern. Und das wirklich zu tun wird unglaublich anstrengend, und, laut Maxton, alternativlos. Graeme Maxton ist Ökonom - einer, der unsere Wirtschaftssysteme auf das Schärfste verurteilt.

"Das gesamte Eis auf dem Planeten würde schmelzen. Große Teile der Erde wären nicht mehr bewohnbar, Wasser nicht mehr ausreichend vorhanden. Das zu verhindern, ist eine der größten Herausforderungen der Menschheit. Ich glaube aber nicht, dass die Menschen verstehen, wie groß und dringend diese Herausforderung wirklich ist." Graeme Maxton

Vor 50 Jahren, so Maxton, hätte die Menschheit noch umsteuern können, die Weichen anders stellen können. Jetzt sei der Zusammenbruch schon so weit fortgeschritten, dass sich "viele der gravierenden Folgen, die uns bevorstehen, mit keiner Maßnahme der Welt mehr verhindern" lassen. Er erklärt es am Klimawandel: Selbst wenn die gesamte Welt schon morgen keine Treibhausgase mehr produziert, würde die Temperatur der Erde unaufhörlich weiter steigen und es würde Jahrhunderte dauern, bis die CO2-Konzentration in der Atmosphäre wieder auf ihr vorindustrielles Niveau gesunken wäre.

Die schiere Größe der bevorstehenden Katastrophe lässt uns keine Chance, sich auf eigenes nachhaltiges Handeln zu berufen. Das, so erklärt Graeme Maxton, sei zwar nett und löblich, bringe aber eigentlich nicht so viel. Also nicht unverpackt einkaufen, nicht aufs Fliegen verzichten, keine ökologisch angebauten Lebensmittel kaufen, und so weiter? Doch, natürlich, all das sei hilfreich, könne aber nicht verhindern, dass wir auf eine Katastrophe zusteuern. Ups, hoffentlich bringt sich Maxton damit nicht um die Zustimmung all der Zeitgenossen unter uns, die schon kapiert und verinnerlicht haben, dass wir so nicht weitermachen können, und die vielleicht bereit wären, Gedanken wie die von Graeme Maxton aufzunehmen und weiterzudrehen?

Natürlich braucht so ein radikaler Wandel jede Menge Unterstützer, Mitmacher, Umsetzer, das mahnt Maxton dringend an und beschreibt, was wer an welchen Stellschrauben bewirken könnte. Denn Einzelpersonen könnten nur dann echte Veränderungen bewirken, wenn sie gemeinschaftlich agierten.

Da ist sich Graeme Maxton ziemlich sicher: Egal welche, keine wie auch immer geartete Technologie kann uns die (sofort nötige) Kehrtwende ersparen. Auch kein Geoengineering, keine CO2-Abscheidung oder -Speicherung. Kein Schutzschild in der Atmosphäre.

Mein Fazit: Das Buch ist schrecklich. Es verfolgt mich bis in meine Träume. Aber es ist auch großartig in seiner Deutlichkeit, es rüttelt auf und irgendwie, fürchte ich, hat Maxton wahrscheinlich recht. Und das bedeutet, wir brauchen mehr Menschen wie Greta Thunberg, Maja Lunde (die "Bienen" und das "Wasser") und den Papst (Laudato sí) und natürlich Graeme Maxton und all die, die sich von ihnen inspirieren lassen, wenn wir wollen, dass unsere Kinder nicht in einer unbewohnbaren Welt verzweifeln.

Barbara Grüninger, Redaktion nano

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