Wissen
scobel - Gefühlte Wahrheit
Das Ende der Welt scheint nah. Überall sehen wir Gewalt, Krankheit und Not. Doch Zahlen sagen das Gegenteil. Die Welt ist besser, als sie sich anfühlt. Warum dominieren schlechte Nachrichten?
- Produktionsland und -jahr:
- Deutschland 2020
- Datum:
- Verfügbar
- weltweit
- Verfügbar bis:
- bis 05.03.2025
Weil das Negative fasziniert, langweilt die gute Nachricht. Das nutzen Populisten und Extremisten gnadenlos aus. Auch durch die enorme Wirkmacht der sozialen Medien. Denn mit gefühlten Wahrheiten wird systematisch Angst und Stimmung gemacht.
Mit Fakten gegen die "gefühlte Wahrheit"
Wenn wir Widersprüche zwischen dem, was wir glauben und dem, was wir sehen, ernst nehmen, dann können wir lernen und die Welt klarer und korrekter sehen Wolfgang Lutz
Die Welt ist sehr viel besser, als wir glauben. Zu dieser Erkenntnis kam vor Jahren der schwedische Gesundheitsforscher Hans Rosling. Mit Zahlen und Fakten kämpfte er bis zu seinem Tod 2017 gegen die "gefühlte Wahrheit". Die hat es inzwischen bis ins Weiße Haus geschafft und befeuert von dort aus die weltweite Verzerrung der Wahrnehmung. Dabei braucht die globalisierte Welt dringender denn je ein auf Fakten gestütztes gemeinsames Weltverständnis.
Dass dieses verloren gegangen ist, dazu haben auch Medien, ohne es unbedingt zu wollen, mit beigetragen. Skandale, Katastrophen und andere negativen Schlagzeilen verbreiten sich heute in Windeseile. Vornehmlich über sie zu berichten, gehört zu jedem journalistischen Handwerkzeug. Die positive Meldung verkümmert dagegen zur Randnotiz.
Die Macht des Negativen wird von Populisten genutzt
Wen interessiert es schon, dass die Zahl der Kriegstoten seit dem Zweiten Weltkrieg von über 200 pro 100.000 Einwohner auf nur noch einen gefallen ist, dass sich Hunger und Kinderarbeit seit den 50er-Jahren des 20. Jahrhunderts mehr als halbiert haben und die globale Alphabetisierung seit 1800 von 10 auf 86 Prozent kontinuierlich gestiegen ist? Ein abgestürztes Flugzeug dominiert dagegen über Tage die öffentliche Meinung, auch wenn Fliegen noch nie so sicher war wie heute.
Die Macht des Negativen haben inzwischen Populisten und Extremisten für ihre Zwecke entdeckt. Im Zeitalter des Internets wird mit gefühlten Wahrheiten systematisch Angst und Stimmung gemacht mit dem Ziel, den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu zersetzen. Da wird schon mal ein unverbindlicher Migrationspakt zu einem Masseneinwanderungsprogramm uminterpretiert und der wissenschaftlich bewiesene Klimawandel systematisch geleugnet.
Medien berichten, was wir nicht sowieso erwarten. … In einer besserwerdenden Welt (erfahren wir) viel über die negativen Ausnahmen und wenig über die positiven Entwicklungen dahinter. Martin Schröder
Gert Scobel diskutiert mit seinen Gästen, wie ein faktenbasierter Meinungsstreit im 21. Jahrhundert aussehen kann und wie jeder lernen kann, Wahrheit von Lüge zu unterscheiden.
Die Gäste
Maren Urner promovierte in Kognitions- und Neurowissenschaften. 2016 gründete sie Perspective Daily mit, ein Online-Magazin für konstruktiven Journalismus. Seit April 2019 ist sie Professorin für Medienpsychologie an der Hochschule für Medien, Kommunikation und Wirtschaft in Köln.
Martin Schröder ist Soziologe mit dem Forschungsschwerpunkt Soziologie der Wirtschaft und Arbeit und beschäftigt sich mit sozialer Ungleichheit und Gerechtigkeitsvorstellungen. Er ist Professor für Soziologie an der Universität Marburg.
Wolfgang Lutz, österreichischer Demograf mit dem Forschungsschwerpunkt internationale Bevölkerungsentwicklung und Bildung. Er ist Gründungsdirektor des 2010 ins Leben gerufenen Wittgenstein Centre for Demography and Global Human Capital.