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scobel – Gemeinwohl am Ende
Verschwindet das Gemeinwohl der Gesellschaft von der politischen Agenda und wird zum prekären Gut? Ist das Gemeinwohl am Ende?
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- weltweit
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- bis 28.10.2026
Individuen, Einzelgruppen und Staaten treten immer vehementer für die Durchsetzung ihrer Belange ein. Politik und Wirtschaft haben jedoch längst globale Interessengemeinschaften formiert. Wie ist es noch möglich, zu bestimmen, was dem höchstmöglichen Wohl aller dient?
Gemeinwohl muss neu ausgehandelt werden
Was Gemeinwohl, also das Gut, das möglichst vielen innerhalb einer Gemeinschaft zukommen soll, zur jeweiligen Zeit in der jeweiligen Gemeinschaft ist, muss immer wieder neu ausgehandelt und definiert werden.
In einer pluralistischen Gesellschaft bestimmen über das Gemeinwohl meist die Gruppen, die sich darauf berufen und einen unmittelbaren Nutzen davon haben. Gemeinwohl kann sich auf Familie, Religionsgemeinschaften und Staaten beziehen – und auch auf natürliche Ressourcen. In der Coronakrise verzichten Milliarden von Menschen auf ihre Freiheitsrechte – oder lassen sich impfen. Auch das dient letztlich vor allem dem Gemeinwohl.
Gegen das Gemeinwohl wird oft verstoßen
Sind Staatsräson, Politik und auch das Handeln der Wirtschaft in Deutschland derzeit wirklich auf das Interesse der Gemeinschaft ausgerichtet? Agrarsubventionen in Milliardenhöhe ohne Knüpfung an Bedingungen, Dieselskandal, Maskenaffäre, marode Infrastruktur und die große Zögerlichkeit angesichts der Klimakrise sprechen nicht dafür. Welchen Anspruch gibt es in der Theorie? Wo ist dieser festgeschrieben?,
Vom Ende des Gemeinwohls
Der amerikanische Philosoph Michael Sandel sieht das "common good", das Wohl der Gemeinschaft, noch aus anderen Gründen in Gefahr. Er fordert in seinem Buch "Vom Ende des Gemeinwohls – Wie die Leistungsgesellschaft unsere Demokratien zerreißt" eine Abkehr von der "Tyrannei des Erfolgs", welche die Menschen, die im Niedriglohnsektor arbeiten oder keine Arbeit haben zu Verlierern abstempele, ihnen keine Wertschätzung entgegenbringe und so moderne Gesellschaften spalte.
Jeder hat sein Schicksal in der Hand?
Die Eliten beharren auf dem Glauben, dass Erfolg und Aufstieg durch Leistung und Bildung für jede und jeden in der Gesellschaft möglich sind und sehen sich durch ihre eigene Stellung in ihrem Leistungsstreben bestätigt. Die "Verlierer", die nicht mithalten können, sind an ihrem Schicksal selbst schuld. Ihnen sprechen sie so unwillkürlich die Teilhabe an Politik und Gesellschaft ab – und treiben sie in die Arme von populistischen Bewegungen.
Gäste
Patrizia Nanz ist Politikwissenschaftlerin und Expertin für Demokratie, Bürgerbeteiligung und nachhaltige Transformationen. Seit Februar 2021 ist sie Vizepräsidentin des Bundesamtes für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE). Zuvor war sie wissenschaftliche Direktorin am Institut für transformative Nachhaltigkeitsforschung (IASS) und Professorin für Transformative Nachhaltigkeitswissenschaft an der Universität Potsdam.
Stephan Lessenich ist Soziologe und seit dem Wintersemester neuer Direktor des Frankfurter Instituts für Sozialforschung und hält eine Professur für Gesellschaftstheorie und Sozialforschung Gesellschaftswissenschaften an der Goethe-Universität Frankfurt. Seine Forschungsschwerpunkte sind die Theorie des Wohlfahrtsstaats, vergleichende Makrosoziologie und die politische Soziologie sozialer Ungleichheit.
Uwe Schneidewind ist Ökonom und war bis April 2020 Geschäftsführer des Wuppertal Instituts für Nachhaltigkeitsforschung. Bis Oktober desselben Jahres hielt er den Lehrstuhl für Innovationsmanagement und Nachhaltigkeit der Bergischen Universität Wuppertal. Seit November 2020 ist er Oberbürgermeister der Stadt Wuppertal.