Wissen
scobel – Mit Komplexität leben
Komplexe Systeme gibt es sowohl in der Natur als auch in vielen Bereichen der Gesellschaft. Aber wie lassen sie sich genau beobachten, verstehen und steuern?
- Produktionsland und -jahr:
- Datum:
- Verfügbar
- weltweit
- Verfügbar bis:
- bis 16.12.2026
Menschen neigen in Entscheidungen und Handlungen zu einfachen Lösungen. Dabei werden häufig Zusammenhänge und Wechselwirkungen übersehen: Denn Natur und Gesellschaft sind komplexe Systeme. Wie können wir nachhaltiger und verlässlicher mit solchen Systemen umgehen?
Je mehr, desto besser
Für den Umgang mit Komplexität werden in der digitalisierten Moderne vor allem schnelle Hochleistungsrechner, lernfähige Algorithmen und Daten herangezogen. Je mehr, desto besser, sagen viele Forscher. Tatsächlich ermöglichen Big Data, Algorithmen und KI-Forschung die Verarbeitung von gigantischen, unüberschaubaren Datenmengen, die von Menschen allein gar nicht mehr zu bewältigen wäre - und zwar in einer unvorstellbaren Geschwindigkeit.
Problematisch sind dabei die Verlässlichkeit, die Vollständigkeit und das Verstehen von Daten. Ebenfalls problematisch sind die Überprüfbarkeit der Erkenntnisse und die Schlussfolgerungen, die man aus der Flut an Informationen zieht. Wie lassen sich das exponentiell steigende Wissen und die Datenmenge überhaupt noch überprüfen und wissenschaftlich beurteilen?
Exponentielles Wachstum und komplexe Prozesse
Immer mehr Wissenschaftler passen sich den digitalen Veränderungen an, auch wenn Studien dieses Verhalten kritisch hinterfragen. Viele Theorien sind, nicht zuletzt in Politik und Gesellschaft, enttäuschend linear, monokausal - und damit unpassend, um Komplexität zu verstehen.
Auch wenn Forscherinnen und Forscher versuchen, möglichst viele Einflussfaktoren in ihre Untersuchungen mit einzubeziehen. Exponentielles Wachstum und komplexe Prozesse sind in Wirtschaft, Finanzwelt und Gesellschaft ebenso allgegenwärtig wie in der Natur, in der Klimadebatte oder bei der Bekämpfung der Coronapandemie.
Gefühl des Unbehagen
Für die Bewältigung der vielen Transformationen, mit denen wir gegenwärtig konfrontiert sind, ist ein Verstehen von Komplexität unerlässlich. Wie aber wirkt sich gesteigerte Wahrnehmung von Komplexität auf das Fühlen, Denken und Handeln aus? Erhöhen sich dadurch Kompetenzen und Wissen? Entsteht vielleicht sogar ein neues Bewusstsein für die Transformationen der Gesellschaft? Oder werden die Subjekte von der Datenflut überrollt und kapitulieren vor der Unübersichtlichkeit mit einem Gefühl des Unbehagens?
Gäste
Gesine Hofinger ist Gründerin und Partnerin des Teams HF, das sich mit Sicherheit und Krisenmanagement aus psychologischer Sicht beschäftigt. Schwerpunkte ihrer Arbeit sind u.a Entscheidungen in kritischen Situationen, Fehlermanagement, Stress und Kommunikation. Zudem ist sie wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Forschungsstelle interkulturelle und komplexe Arbeitswelten der Friedrich-Schiller-Universität Jena.
Dirk Brockmann ist Professor am Institut für Biologie an der Humboldt Universität zu Berlin und am Robert Koch-Institut. Als Physiker erforscht er komplexe Systeme, beispielsweise die Dynamik und epidemiologische Modellierung von Infektionskrankheiten. Brockmanns Forschungsinteressen liegen in der Analyse von Strukturen und Prozessen, die in komplexen biologischen und sozialen Netzwerken zu finden sind.
Harald Welzer ist Soziologe, Sozialpsychologe und Sachbuchautor. Er ist Mitbegründer und Direktor von Futurzwei. Stiftung Zukunftsfähigkeit, die sich für eine zukunftsfähige, offene Gesellschaft einsetzt, und Professor für Transformationsdesign an der Universität Flensburg. Daneben lehrt er an der Universität St. Gallen und an der ETH Zürich.