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scobel - Vergessene Nachrichten
Nur ein geringer Teil der Ereignisse, die täglich in der Welt passieren, können in den Medien dargestellt werden. Welche Geschehnisse werden wahrgenommen, ausgewählt und präsentiert?
- Produktionsland und -jahr:
- Datum:
- Verfügbar
- weltweit
- Verfügbar bis:
- bis 06.10.2027
Entscheidungen über die Nachrichtenauswahl werden immer wieder neu getroffen. Dabei müssen Prioritäten gesetzt werden, wenn es um relevante Zustände und Sachverhalte geht. Es gibt Themen, die kaum Beachtung finden, über andere Ereignisse wird im Übermaß berichtet.
Eine Flut von Nachrichten
In Deutschland liefert der dpa-Basisdienst täglich zwischen 300 und 500 Meldungen an die Redaktionen. Die Agentur Reuters verschickt etwa 450, die Associated Press etwa 250 Meldungen in die deutschen Redaktionen. Ergänzt wird dieses Angebot noch von Agence France Press mit durchschnittlich 220 bis 300 Meldungen am Tag, den Meldungen von ddp und kleineren, auf bestimmte Themen spezialisierte Agenturen für Sport, Religion oder Wirtschaft. Hinzu kommen die Recherchen aus den jeweiligen Redaktionen.
Die meisten Meldungen sind bereits durch Agenturen, Institutionen und Interessengruppen vorsortiert. Was gesendet und gemeldet wird, kann folglich nur eine Auswahl sein, nicht aber in allen Aspekten ein gerecht werdendes Abbild des Weltgeschehens. Aus der reduzierten Fülle des Materials wird das, worüber berichtet wird, noch einmal durch Zeitungs- und Rundfunkredakteure verdichtet. Nach welchen Regeln und Kriterien geschieht dies? Was wird vergessen? Und was geht im Nachrichtenfluss verloren?
Sachliche und vollständige Berichterstattung
Bei der Informationsflut unserer Gesellschaft befinden sich Journalisten häufig im Zwiespalt zwischen ihrem öffentlichen Auftrag und den Zwängen ihres Mediums, den zeitlichen Begrenzungen und ökonomischen Möglichkeiten zur intensiven Recherche. Sie sollen zum einen "möglichst sachlich, umfassend und vollständig berichten", zum anderen ist es aber auch ihre Aufgabe, aufgrund begrenzter Publikumsaufmerksamkeit und Sendekapazität die Nachrichtenvielfalt nach bestimmten Werten zu ordnen.
Umgang mit Informationen
Dabei spielt der professionelle Umgang mit Informationen eine große Rolle. Die journalistische Ausbildung und Erfahrungen tragen dazu bei, dass Themen und Inhalte nicht willkürlich ausgewählt und verbreitet werden. Dennoch gibt es unterschiedliche Schwierigkeitsgrade bei der Beschaffung von Informationen. Während Meldungen von Verkehrsunfällen und Sportergebnissen vergleichsweise einfach zu recherchieren sind, muss bei Berichten über Waffen-, Drogen- und Menschenhandel mit Gewalt und großen Gefahren für das eigene Leben gerechnet werden.
Wie "Reporter ohne Grenzen" berichtet, wurden im vergangenen Jahr 38 Journalisten bei der Ausübung ihrer Tätigkeit getötet. Ist dies mit ein Grund dafür, warum manche Nachrichten vernachlässigt oder vergessen werden? Beispiele für vergessene Nachrichten gibt es viele. In Deutschland sind das vor allem soziale Themen. Was kann in Zukunft getan werden, damit vergessene Nachrichten nicht vergessen werden? Darüber diskutiert Gert Scobel mit seinen Gästen.
Gäste der Sendung
Julia Leeb
ist Journalistin, Filmemacherin und Fotografin. Sie hat sich in ihrer Arbeit auf Staaten in politischen Umbruchsituationen fokussiert, beispielsweise auf die Demokratische Republik Kongo, Ägypten, Sudan, Syrien und dem Iran. Ihre Bilder wurden in internationalen Zeitungen und TV-Sendern veröffentlicht.
Hektor Haarkötter
ist Journalist und Professor für Kommunikationswissenschaft an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg. In seiner wissenschaftlichen Arbeit beschäftigt er sich unter anderem mit Medienphilosophie und empirischer Kommunikationsforschung. Er ist geschäftsführender Vorsitzender der Initiative Nachrichtenaufklärung (INA).
Bernhard Pörksen
ist Medienwissenschaftler und Professor an der Universität Tübingen. Neben wissenschaftlichen Arbeiten veröffentlicht er Kommentare und Essays in Medien in Deutschland, Österreich und der Schweiz zu aktuellen Debatten und medienpolitischen Fragen.