Film

Ab 18! - Being Sascha

Sascha identifiziert sich nicht als Frau und nicht als Mann. Der Dokumentarfilm nimmt mit in die Erlebniswelt eines jungen Menschen außerhalb der binären Geschlechterzuweisungen.

Produktionsland und -jahr:
Schweiz , Deutschland 2020
Datum:
Verfügbar in
D / CH / A
Verfügbar bis:
bis 19.12.2024

Sascha lebt in der Schweiz und ist trans non-binary. Trans heißt, dass Sascha sich nicht mit dem Geschlecht identifiziert, das Sascha bei Geburt zugewiesen worden ist. Non-binary bedeutet, dass auch das andere der binären Geschlechter nicht passt.

Als Teenager outete sich Sascha zunächst als lesbisch, mit 23 dann als trans. Kurze Zeit später begegnet Sascha schließlich dem Begriff, der der eigenen Geschlechtsidentität am nächsten kommt: trans non-binary. Sascha lebt nun endlich so, wie Sascha sich seit jeher fühlt. Ausgrenzung erfährt Sascha dennoch überall, denn überall ist Heteronormativität, überall gilt es, zwischen männlich und weiblich zu entscheiden: in Umkleidekabinen, in Formularen, im ganz alltäglichen Sprachgebrauch.

Auch deshalb ist Sascha heute bewusst eine sichtbare Transperson. Um all den Menschen, die in irgendeiner Weise nicht in unsere Kategorien reinpassen, zu zeigen: Es gibt auch andere Optionen - auch wenn diese ihren Preis haben.

Manuel Gübeli, der Regisseur von "Being Sascha", wurde an der Hochschule Luzern - Design & Kunst sowie am MAZ - Die Journalistenschule, ebenfalls in Luzern, ausgebildet. Er lebt als Filmemacher, Künstler und Autor in Basel. Seine Kurzfilme und Videoarbeiten liefen auf zahlreichen internationalen Festivals und waren in Ausstellungen zu sehen.

Interview mit Filmemacher Manuel Gübeli

Wie kam es zur Idee, einen Dokumentarfilm über und mit Sascha Rijkeboer zu machen?

Ich war am "Luststreifen Filmfestival" in Basel und ging spontan noch an eine Lesung im Festivalzentrum. Der Raum war proppenvoll, ich war müde und vollkommen erwartungsfrei. Und dann trat da dieser Mensch auf die Bühne. Ich war sofort davon angetan, wie Sascha sich da oben präsentierte. Und ich mochte Saschas Texte, die mich berührten, herausforderten und zum Lachen brachten. Auf dem Heimweg fühlte ich mich total dankbar für dieses Erlebnis und dachte: Mit dem Menschen würde ich gerne mal etwas zusammen erschaffen. An einen Dokumentarfilm habe ich damals gar nicht gedacht. Eineinhalb Jahre später kam dann mein Produzent Peter Zwierko mit der Ausschreibung von 3sat auf mich zu und sagte: "Du, ich glaube, da passt du hin. Hast du etwas, was du unbedingt erzählen willst?" Da dachte ich: Moment!

Seitliches Porträtbild Manuel Gübeli
Manuel Gübeli

Inwieweit erschien Ihnen die Reihe "Ab 18!" das richtige Format für das Filmprojekt?

Ich mache Projekte, weil sie mich faszinieren, mich künstlerisch und menschlich herausfordern und weiterbringen. Etwas auf eine gewisse Alterszielgruppe auszurichten, liegt mir fern. Alle meine Filme versuche ich für Menschen zu machen, die neugierig sind und herausgefordert werden möchten. Dabei ist mir egal, wie alt die gerade sind.

Bei diesem Format habe ich mich dann vor der Bewerbung einfach gefragt: Das was ich hier erzählen will - hätte ich das in meinen Zwanzigern sehen wollen? Hätte mich das damals in irgendeiner Art bewegt? Und hätte ich etwas davon mitgenommen für mein Leben? Ich fand: ja.

Das andere Spezielle an der Reihe ist ja, dass 3sat explizit unkonventionelle Dokumentarfilme auf Augenhöhe mit besonderen Erzählformen sucht. Und das war exakt das, was ich in diesem Film machen wollte. Also habe ich das Projekt eingereicht. Während des Machens selber habe ich dann aber möglichst zu ignorieren versucht, was von dem Film erwartet werden könnte.

Sascha Rijkeboer lebt nicht nur als sichtbare Trans-Person, sondern nimmt aktiv am Diskurs zu queer-feministischen Themen in Deutschland und der Schweiz teil. Inwieweit hat das die Arbeit am Film beeinflusst?

Sehr fest. Das ist etwa der Grund, warum man Sascha und mich im Film auch im direkten Interview sieht. Diese Erzählebene war ursprünglich nicht geplant. Wir haben die dann aber eingebaut, weil sie eben unter anderem diese Auseinandersetzung zwischen dem Menschen Manuel in der Regie-Rolle und dem Menschen Sascha in der Aktivist*innen-Rolle aufzeigt. Denn so sehr ich mich persönlich auch mit Saschas Anliegen identifiziere, war es für den Film natürlich essenziell, dass es mein Blick auf Sascha wird. Und nicht ein Aktivist*innen-Film.

Das war nur möglich, weil ich während dem Prozess andauernd gespiegelt und hinterfragt worden bin - von Aissa Tripodi, die im ganzen Drehbuch- und Regieprozess mitgewirkt hat, und von Katharina Bhend, mit der ich den Film schneiden durfte. Gemeinsam konnten wir herausschälen, was ich überhaupt erzählen wollte.

Sascha äußert im Film die Sorge, dass Medienschaffende im Umgang mit der LGBTQ-Community wenig Einlassungsvermögen auf die Themen und Anliegen der Community zeigen. Können Sie als Filmemacher diesen Vorwurf nachvollziehen?

Total. Ich habe früher selber 13 Jahre als Journalist gearbeitet. Ich weiß aus Erfahrung, wie unser Mediensystem funktioniert und dass sich selbst Journalist*innen, die ihren Job ernst nehmen, überhaupt oft nicht mehr richtig auf ihr Gegenüber einlassen können. Weil die Zeit fehlt und das Produkt Aufsehen erregen muss. Sascha hat da leider auch schon negative Erfahrung sammeln müssen.

Eine meiner größten Herausforderungen für diesen Film war darum, Sascha das Vertrauen zu vermitteln, dass ich als Filmemacher eine andere Herangehensweise habe. Und Sascha musste vertrauen lernen, dass ich meine Position nicht auszunutzen versuche. Ich bin Sascha unfassbar dankbar dafür und habe keine Ahnung, ob ich das in Saschas Position auch hingekriegt hätte. Ich glaube, wir haben alle sehr viel Energie und Liebe in diesen Film investiert. Aber darum mache ich das alles ja auch. Es geht mir immer um die Beziehung zwischen den Menschen.

Ein wiederkehrendes Motiv im Film sind Bilder von Sascha beim Sammeln und "Archivieren" von Resten aus dem Flusensieb eines Wäschetrockners. Welche Bedeutung für Sascha und den Film steckt in diesem Motiv?

Sascha hat mir während unseres ersten langen Kennenlerngesprächs unter anderem auch diese Bücher mit all den Flusen-Abdrücken gezeigt. Ich fand das eine unglaublich großzügige Geste. Diese Sammlung hat für mich etwas enorm Persönliches, Zärtliches, Poetisches. Und dann dachte ich natürlich sofort auch: Ui, das ist filmisch. Ich meine: Sascha hat über Jahre Spuren des eigenen Lebens gesammelt. Und dann sogar noch anhand von Kleidung, die ja so viel mit Gender-Sichtbarkeit zu tun hat. Also hab ich Sascha später dann gefragt, ob wir das filmen dürfen.

Lustigerweise hatte ich bereits damals die Idee, dass man Sascha im Film im Umgang mit diesen Flusen-Abdrücken kennenlernen könnte, das Ganze mit dem Flusensieb dann aber erst am Schluss aufgelöst werden würde. Ich bin noch immer erstaunt, dass das nachher in der Montage tatsächlich funktioniert hat. Dieser Moment damals war einfach in jeder Hinsicht ein Geschenk.

Interview: Luna-Belle Kuhrt (2020)

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