Gesellschaft
Die Schweizer Alpen – Bräuche, Käuze, Aberglauben, Staffel 2: Woldmanndli
Carnaval, Chalandamarz, Woldmanndli, Silvesterklausen – die Bräuche im Alpenbogen sind sagenumwoben. Das Leben in den Höhen und Tälern ist geprägt von Geschichten, Mythen und mitunter seltsamen Bräuchen. Die vierteilige Doku-Serie «Die Schweizer Alpen – Bräuche, Käuze, Aberglaube» geht diesen eigentümlichen Riten in traumhafter Kulisse nach.
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Der Gurschenwald oberhalb von Andermatt färbt sich herbstlich, Bauern und Vieh sind längst von den Alpen zurück ins Dorf gekehrt, bald beginnt der Winter. Alljährlich versammeln sich Ende Oktober am Chilbi-Samstag in Jutesäcken gekleidete Gestalten am Waldrand und warten auf den Glockenschlag der Kirchenuhr. Punkt ein Uhr ist es so weit und die Waldmänner - “Woldmanndli” wie die Einheimischen sagen - starten ihren Umzug von dröhnend-lauten Schellen und dem Tuten des Bockhorns begleitet nach Andermatt hinunter.
Ursprung und Sinn dieses Brauchs gründen auf mündlicher Überlieferung und gehen zurück auf die Waldarbeiter, die einst den Gurschenwald pflegten. Früh wurde erkannt, dass die Bäume einen natürlichen Schutz vor Lawinen darstellen. Weil aber der Wald zur Gewinnung von Weideland und zur Holznutzung immer mehr gerodet und damit sein natürliches Gleichgewicht gestört wurde, verschwand ein Grossteil des Waldes oberhalb Andermatt - bis auf den heutigen Gurschenwald. Bereits 1397 wurde dieser Wald deshalb gebannt und unter strenge Schutzbestimmungen gestellt.
Jacqueline und Ricardo Russi (33) nehmen dieses Jahr zum ersten Mal mit ihren Kindern am Umzug teil. Jacqueline Russi (38) ist in Andermatt aufgewachsen und bereits als Mädchen als Woldmanndli verkleidet durch Andermatt gelaufen und findet es wichtig, dass man die alten Traditionen den Kindern weitergibt. “So stärkt man die Beziehung zueinander im Dorf. Man muss immer zusammenarbeiten, allein schon wegen der Naturgefahren, nur gemeinsam kommen wir weiter”, ist die junge Andermatterin überzeugt.
Stolz sieht Erwin Russi (62) seinem Sohn und seinen Enkelkindern beim Umzug zu. Er arbeitet seit 44 Jahren als Forstwart und ist somit ein modernes Woldmanndli, das heute im steilen Gelände für die Pflege des Gurschenwalds sorgt. Berty Meyer (86) steht ebenfalls am Strassenrand und freut sich über das Spektakel. Als Mädchen durfte sie noch nicht am Woldmanndli-Umzug teilnehmen, damals war dies nur Knaben gestattet. Trotzdem war es für sie früher ein Freudentag: Die “Überlitzli”, ein lokales Gebäck aus Blätterteig, gab es jeweils nur an diesem Chilbi-Samstag. Inzwischen backt sie “Überlitzli” für ihre 19-Urenkelkinder, von denen viele am Umzug teilnehmen.
Nach einer Runde durchs Dorf, auf welcher die in Jutesäcke gepackten Woldmanndli von Einheimischen und Touristen empfangen werden, endet der Umzug. Das gemeinsame Essen einer Suppe, die in einem Kessel über offenem Feuer gekocht wird, beendet den Brauch.