Gesellschaft
Precht: Demokratie: Müssen wir sie retten? Oder rettet sie uns? Richard David Precht im Gespräch mit Roger de Weck
Klimawandel, Pandemien und die Macht der Digitalkonzerne fordern besonders demokratische Gesellschaften heraus. Was müssen wir tun, damit sie diesen Stresstest bestehen?
- Produktionsland und -jahr:
- Deutschland 2022
- Datum:
- Verfügbar
- weltweit
- Verfügbar bis:
- bis 26.02.2027
- Ton
- UT
Seit 2020 steigt der Anteil autoritär regierter Staaten. Nur 45 Prozent der Weltbevölkerung leben in einer Demokratie, lediglich 6 Prozent in "vollständigen Demokratien". Können Demokratien auf Zukunftskrisen schnell und konsequent genug reagieren?
Wie soll man gleichzeitig die Freiheit und die Sicherheit der Bürger schützen? Und wie eines der wertvollsten Güter der Demokratie: den gesellschaftlichen Zusammenhalt? Darüber spricht Richard David Precht mit dem Schweizer Publizisten Roger de Weck, der in seinem letzten Buch voller Optimismus die "Kraft der Demokratie" beschwört. "Was meine Zuversicht begründet: Alle anderen Staatsformen sind autoritär. Und die Menschen wollen nicht Untertan sein", sagt de Weck. Als Kriegsberichterstatter hat er viele Länder besucht, die die Demokratie verloren hatten, wie zum Beispiel Haiti, die älteste schwarze Demokratie. Die Menschen dort behielten die Sehnsucht nach Demokratie. Die Demokratie bürgt für Meinungsfreiheit und sie respektiert und achtet ihre Bürger, zwei menschliche Grundbedürfnisse, die keine andere Staatsform erfüllen kann, so de Weck.
Kaum jemand in der westlichen Welt wird bestreiten, dass die Demokratie die Beste aller Staatsformen ist. Doch um ihren ureigenen Idealen von Freiheit, Brüderlichkeit und Gerechtigkeit zu entsprechen, erweist sie sich eben nicht nur als äußerst kompliziert und langsam, sondern auch als sehr fragil. Wie soll man in einer Pandemie das gewohnte Maß an Freiheit bewahren, wie im Turbokapitalismus die wirtschaftliche und soziale Gerechtigkeit gewährleisten? Und wie viel Egoismus verträgt eine demokratische Gesellschaft, bevor sie auseinanderbricht?
Während also Autokratien neuen Herausforderungen und Bedrohungen mit grober Hand und abseits von Menschenrechten oder anderen Regeln mit raschen Entscheidungen entgegentreten, oder sie einfach ignorieren können, müssen sich Demokratien durch komplexe Entscheidungsprozesse mühen. Die widersprüchlichen Erwartungen seiner Bürger muss der Staat dabei mit den unbequemen Notwendigkeiten einer stabilen und nachhaltigen Zukunft in Einklang bringen.
Dabei sehen heute viele im Staat eher den Dienstleister, der ihre Wünsche zu erfüllen hat, als den verlängerten Arm einer Solidargemeinschaft. Und sie betrachten die heftigen Dispute unserer Tage als Schwäche der Demokratie, obwohl es doch gerade ihre Qualität ist, dass wir uns in ihr überhaupt offen streiten können.
Ist unser demokratisches System noch fit genug? Oder braucht es nicht dringend ein Update, um auch zukünftig als beste aller Staatsformen gefeiert zu werden?