Kultur
"Kulturzeit" vom 05.11.2024: USA - Wahl in einem gespaltenen Land
Die Themen der Sendung: Stephan Bierling "Die Unvereinigten Staaten", Michael Harriot zur US-Wahl, Ulrich Tukur über "Martin liest den Koran", "Fair Pay" bei Orchestern, Doku "Greina".
- Datum:
- Verfügbar
- weltweit
- Verfügbar bis:
- bis 17.01.2025
Die Themen der Sendung:
Daniel Benjamin und Stephan Bierling über den US-Wahlkampf
Kamala Harris und ihr republikanischer Gegner Donald Trump pumpen Millionen Dollar in Wahlwerbung, um die letzten unentschlossenen Wähler im US-Präsidentschafts-Wahlkampfs zu erreichen. In den sogenannten Swing States, allen voran Pennsylvania, kommt es auf jede einzelne Stimme an. Doch beide Lager stehen sich unversöhnlich gegenüber. Nur wenige Wähler sind bereit, das Lager zu wechseln. In seinem Buch "Die Unvereinigten Staaten" untersucht der Politikwissenschaftler Stephan Bierling, wie die Polarisierung alle Bereiche der amerikanischen Gesellschaft erfasst hat, die Medien, die politischen Institutionen und die Menschen selbst. Das Prinzip der Checks and Balances, das in der US-Politik immer für Ausgleich und Kompromisse gesorgt hat, sagt Bieling, greift nicht mehr. Stattdessen schürt insbesondere der ehemalige Präsident Donald Trump Hass auf den gegnerischen Block, verachtet offen demokratische Werte. Diese Haltung gefährdet die US-Demokratie, sagt Daniel Benjamin, Journalist und Leiter der American Academy in Berlin. Benjamin fürchtet, dass ein Sieg der Kandidatin Kamala Harris Gewaltausbrüche im republikanischen Block auslösen könnte. Und dass Trump, falls er Präsident wird, seine Ankündigung wahrmacht und mit Militär und der US-Nationalgarde gegen seine politischen Gegner vorgeht. Stephan Bierling und Daniel Benjamin sind sich einig: Die Wahl 2024 ist eine Schicksalswahl, für die USA und die ganze Welt.
Michael Harriot über die US-Wahl
Der wortgewaltige Schwarze Journalist, Schriftsteller und Comedian Michael Harriot spießt in seinem aktuellen Bestseller "Black as F***" den wachsenden Konflikt zwischen traditionellen weißen Milieus und Menschen mit schwarzen und multi-ethnischen Wurzeln auf. Wir haben ihn in Atlanta besucht und gefragt: Wird die Black Community bei den anstehenden Wahlen so zahlreich wählen gehen wie für Barak Obama? Oder ist das Schwarze Hoffen auf Washington verschlissen? Michael Harriot wünscht sich eine schwarze Präsidentin. Und ist als Schwarzer Historiker doch skeptisch.
Mehr zur Wahl in den USA
Filmstart "Martin liest aus dem Koran" - Gespräch mit Ulrich Tukur
Islamwissenschaftler und Professor Neuweiser (Ulrich Tukur) diskutiert im Film "Martin liest aus dem Koran" gegen den Tod an. Dieser sitzt ihm in Gestalt des Familienvaters Martin (Zejhun Demirov) gegenüber, der kürzlich den Islam für sich entdeckt und in einer extremistischen Lesart interpretiert hat. Nun plant er einen Anschlag, den Zünder trägt er bereits bei sich. Der Professor soll ihm eine Stelle im Koran zeigen, die das Töten explizit verbietet, denn Martin will sich vergewissern, dass sein Handeln ohne Sünde ist. Diese Debatte inszeniert Jurijs Saule als spannendes Kammerspiel, das die Unbequemlichkeit nicht scheut. Dazu trägt auch Arsenij Gustevs meisterhafte Kameraarbeit bei. Das Drehbuch wirft Fragen über Ursachen des Hasses und Möglichkeiten der Versöhnung auf. Wir sprechen mit Ulrich Tukur über den Film.
Prächtig, aber prekär - Fair Pay beim Wiener Mozart-Orchester?
Mit Mozart-Perücke und im historischen Kostüm sitzen sie von Mai bis Oktober regelmäßig im Goldenen Saal des Musikvereins und spielen weltbekannte Melodien: die Musikerinnen und Musiker des Mozart Orchesters. Gegründet 1986 ist es das größte und wirtschaftlich erfolgreichste der sogenannten Touristen-Orchester Wiens. Doch seit Monaten rumort es im Klang-Körper: Während die Ticketpreise laufend an die Inflation angepasst wurden, blieb die Bezahlung der Musikerinnen und Musiker die letzten zwölf Jahre lang gleich: Das Honorar für einen Abend lag bei 100 Euro.
Ein von 130 Orchestermitgliedern unterzeichneter Brief, in dem man um ein Gespräch und eine höhere Gage bat, führte dazu, dass einige der Unterzeichnenden nicht mehr eingesetzt wurden. Ein Artikel in der Wiener Stadtzeitung "Falter" machte den Fall öffentlich, nun wurden die Gagen auf 125 Euro angehoben. Als guten ersten Schritt in die richtige Richtung bezeichnen das Vertreter*innen der Interessensgemeinschaft Freie Musikschaffende. Ihre Honorarempfehlung für die Aushilfen im Staatsopernorchester liegt allerdings bei 230 Euro. Wie kann es gelingen, die Bezahlung der freien Orchestermusikerinnen und -musiker fairer zu gestalten?
Der Künstler im Dienst der Greina-Hochebene
Bryan Cyril Thurston, Künstler und Architekt, protestierte in den 1970er und 80er Jahren gegen den Bau eines Wasserkraftwerks samt Stausee auf der Greina-Hochebene, einem der ältesten Alpenpässe zwischen Graubünden und Tessin. Mit seiner Kunst zeichnete Thurston unermüdlich gegen die drohende Zerstörung an, er organisierte Ausstellungen, bewegte Menschen. In seinen Werken hielt er das Meisterwerk der Natur fest und führt auch heute noch die Schönheit dieser Landschaft in kraftvollen und energischen Stichen vor Augen. "Greina" ist das filmische Porträt des "Bewahrers" der Greina-Hochebene.